Hamburg & Schleswig-HolsteinStreit im Landtag um Änderungen im Kommunalrecht

FDP und SSW klagen vor dem Landesverfassungsgericht gegen eine Reform der Koalition. Es geht um erschwerte Bürgerbegehren gegen Infrastrukturvorhaben und die neue Mindestgröße für Fraktionen in Kommunalparlamenten. Eine Entscheidung wird noch diese Woche erwartet.
Kiel (dpa/lno) - Über die Kommunalrechts-Reform gibt es im Landtag erbitterten Streit zwischen Regierung und Opposition. Mit ihrer Mehrheit haben CDU und Grüne am Mittwoch im Landtag die Abgabe einer Stellungnahme des Landtags zur Klage von FDP und SSW gegen die Reform vor dem Landesverfassungsgericht beschlossen. Der genaue Inhalt der Stellungnahme wurde jedoch nicht bekanntgegeben.
Ein Sprecher des Landesverfassungsgerichts sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Gericht werde über einen Antrag der Fraktionen auf einstweilige Anordnung noch in dieser Woche und damit vor der Kommunalwahl am Sonntag entscheiden. Dabei geht es allerdings nur um die Mindestgröße von Fraktionen in Gemeindevertretungen und Kreistagen, die Schwarz-Grün von zwei auf drei Mitglieder erhöht hat. Die kleineren Parteien fürchten dadurch Demokratieabbau.
Der Landtag hatte das Gesetz Ende März gegen heftige Oppositionskritik mit schwarz-grüner Mehrheit beschlossen. Dazu gehören neben der Änderung bei den Fraktionsgrößen Einschnitte bei Bürgerbegehren. Nunmehr werden solche Bürgerbegehren gegen Bauleitplanungen ausgeschlossen, für die in der Kommunalvertretung eine Zweidrittelmehrheit nötig war.
Die klagenden Fraktionen FDP und SSW gaben sich zuversichtlich. Die Regierung habe sich von den kommunalen Landesverbänden treiben lassen, kritisierte der FDP-Innenpolitiker Bernd Buchholz. Er rechne damit, dass das Gericht per einstweiliger Anordnung zunächst für Rechtssicherheit und die Anwendung des vorher geltenden Rechts sorgen werde. Ein Zwei-Klassen-System in Gemeindevertretungen sei undemokratisch. Das Verhalten der CDU, eine Stellungnahme des Landtags zu erreichen, belege, dass der Union wenige Tage vor der Kommunalwahl "ziemlich die Düse" gehe.
Für SSW-Fraktionschef Lars Harms geht es um die zwangsweise Festlegung der Fraktionsgrößen in den Kommunen durch die Regierung. Hier werde in den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung eingegriffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Reform einkassiert werde, sei nicht gering. "Mit dem neuen Gesetz wird die kommunale Ebene ziemlich chaotisiert. Das machen nicht Kleinstfraktionen, sondern die schwarz-grüne Regierung im Land."
Und die Koalition? CDU-Fraktionschef Tobias Koch betonte, "in der Sache selbst sind wir als Fraktion, die den Gesetzentwurf in den Landtag mit eingebracht hat, selbstverständlich von dessen Verfassungsgemäßheit überzeugt". Es gebe vergleichbare Regelungen in Kommunalverordnungen anderer Bundesländer. Im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern seien die Regeln zur Fraktionsgröße sogar weitgehender. Es gebe auch keine Auswirkung auf das Wahlverhalten. "Auch die gelebte Praxis spricht gegen diese Unterstellung, denn obwohl Kleinstparteien möglicherweise noch nicht einmal einen Sitz in der Kommunalvertretung erhalten, werden sie von Menschen gewählt."
Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter zeigte sich vorsichtiger. In einem Rechtsstaat könne jeder gegen jeden klagen. "In diesem Sinne: Sehen wir was wird."