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Niedersachsen & Bremen"Man darf nicht aufgeben" – Wie Menschen um Hilfe kämpfen

26.11.2025, 12:01 Uhr
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(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Als Dreijähriger mit Diabetes in der Krippe, als erblindeter Rentner oder mit Rollstuhl im Supermarkt: Drei Beispiele des Sozialverbands SovD zeigen, wie Betroffene häufig um ihr Recht kämpfen müssen.

Hannover (dpa/lni) - Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hat erneut 20 Fälle aus Niedersachsen zusammengetragen, in denen hilfsbedürftige Menschen um Unterstützung kämpfen mussten. Unfaire Entscheidungen von Behörden oder Kassen über Rente, Pflege und Gesundheitsversorgung seien keine Seltenheit, heißt es im neuen Schwarzbuch des Verbands. Oft fußten Ablehnungen auf wirtschaftlichen Erwägungen, oft werde aber auch vergessen, dass persönliche Schicksale hinter den Akten stehen.

"Mir wäre es lieb, wenn wir das Schwarzbuch gar nicht mehr machen müssten, denn das würde bedeuten, dass die Menschen die Leistungen bekommen, die ihnen auch zustehen", sagte SoVD-Landeschef Dirk Swinke. Von diesem Wunsch sei man aber noch weit entfernt.

Drei Beispiele, in denen der SoVD den Betroffenen zur Seite gesprungen ist.

Mit Diabetes in der Krippe

Bei einem heute dreijährigen Jungen ist laut SoVD im vergangenen Jahr Diabetes Typ 1 festgestellt worden. Seine Blutzuckerwerte müssen auch in der Krippe ständig überwacht werden. Doch als seine Mutter dafür eine außerklinische Intensivpflege beantragt, lehnt die Krankenkasse ab.

Mit Hilfe des SoVD folgt ein Streit vor Gericht über mehrere Instanzen. Erst das Landessozialgericht entscheidet, dass die Krankenkasse die Kosten bis zu einer Entscheidung in dem Fall übernehmen muss. Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren stehe jedoch weiter aus – Ausgang offen.

"Ich verstehe nicht, warum uns die Krankenkasse so viele Steine in den Weg legt", zitiert der SoVD die Mutter des Dreijährigen. "Wir wollen unserem Sohn doch nur die Chance auf ein möglichst normales Leben geben."

Blinder Senior kämpft um Pflegegrad

Ein heute 80 Jahre alter Mann ist schon während seines Berufslebens erblindet – seine Arbeit als Kapitän zur See musste er deswegen mit 55 Jahren aufgeben. Seither gilt er mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehindert. 2022 bekam er auch den Pflegegrad 1.

Doch als er vergangenes Jahr wegen immer größerer Herausforderungen im Alltag eine Höherstufung beantragt, gewährt ihm die Pflegekasse zunächst nur Pflegegrad 2. "Links bin ich mittlerweile vollständig blind, rechts habe ich nur noch eine Sehkraft von einem Prozent", sagte der Rentner dem SoVD. Deswegen sei er "nicht mehr wirklich mobil und selbstständig".

Auch nach Einschätzung des Sozialverbands ist der Pflege- und Hilfsbedarf des Mannes erheblich. Der Senior legt daher zusammen mit dem Verband Widerspruch ein – erfolgreich. "Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Man darf nicht aufgeben", sagte dazu SoVD-Anwalt Helge Grote, der in dem Fall den Widerspruch einlegte.

Inklusion im Supermarkt

In der Region Braunschweig hat der Sozialverband recherchiert, wie es um die Inklusion von Rollstuhlfahrern in Supermärkten bestellt ist. Das Ergebnis: Nur jeder vierte Markt biete Einkaufswagen an, die für Rollstuhlfahrer geeignet sind. Das hätten Anrufe bei 30 zufällig ausgewählten Märkten in der Region ergeben.

Für die Betroffenen sei das ein großes Problem, denn konventionelle Einkaufswagen seien für sie nicht geeignet, sagte die SoVD-Kreisvorsitzende Monika Henke. Hinzu kämen Probleme wie zugestellte Gänge, zu enge Kassenbereiche oder Produkte weit oben in Regalen.

"Da kann von Barrierefreiheit keine Rede mehr sein", sagte Henke. Der Verband appelliert daher an die Geschäfte, Einkaufswagen für Rollstuhlfahrer anzuschaffen. "Aber wir raten Betroffenen auch, sich direkt an die Geschäfte zu wenden und den Kauf eines solchen Wagens einzufordern."

Quelle: dpa

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