Rheinland-Pfalz & SaarlandHering: Brauchen mehr Treffpunkte aller sozialen Schichten

Eine Studie hat gezeigt, dass die Zufriedenheit der Rheinland-Pfälzer mit der Demokratie abnimmt. Welche Schlüsse der Landtagspräsident daraus zieht.
Mainz (dpa/lrs) - Für den rheinland-pfälzischen Landtagspräsidenten Hendrik Hering ist ein mangelnder Austausch zwischen gesellschaftlichen Schichten ein Grund für wachsende Demokratieskepsis – und genau an dem Punkt will der Landtag künftig noch mehr als bislang ansetzen. "Es gibt zu wenige Orte in der Gesellschaft, wo alle sozialen Schichten zusammenkommen", sagte Hering der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
"Die müssen wir wieder schaffen und wieder lernen, gemeinsam zu diskutieren", sagte Hering. Früher habe es mehr solche Orte für Austausch gegeben, von der Kirche bis zum Sportverein, die Wohngebiete seien durchmischter gewesen. Organisiert werden könne mehr gesellschaftlicher Austausch etwa in Bibliotheken, in Volkshochschulen, in von Kirchen aufgegebenen Gebäuden, über Stiftungen oder an vielen anderen Orten.
Landtag will vor Ort mit Menschen reden
Der Landtag will künftig noch mehr gezielt ins Land gehen und vor Ort mit Menschen ins Gespräch kommen. Dass es Bedarf nach Austausch gebe, habe er kürzlich selbst in dem kleinen Ort Blankenrath im Hunsrück erlebt. Dort habe die AfD bei der Bundestagswahl deutlich mehr als 30 Prozent der Stimmen geholt. "Das hat die Leute schockiert", sagte Hering.
Daraufhin habe sich eine Demokratie-Initiative namens "Haltung zeigen" gebildet. Bei einer Podiumsdiskussion der Initiative seien immerhin 170 Leute gewesen. "Das zeigt, man kann etwas anstoßen." Noch deutlicher sollte nach Ansicht Herings gemacht werden, dass Engagement für die Demokratie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei.
Hering sieht Bringschuld bei der Politik
"Wir haben eine gewisse Bringschuld als Politik, aber auch als Gesellschaft", sagte Hering. "Politiker müssen mehr auf die Leute zugehen." Wenn Menschen die Möglichkeit gegeben werde, sich zu äußern, über Dinge zu sprechen, die sie bewegen, und in einen respektvollen Meinungsaustausch zu kommen, sei das ein "positives Demokratieerlebnis". In der öffentlichen Debatte gehe allzu oft der Wert des Kompromisses verloren, "obwohl dieser als Scharnier unserer Demokratie funktioniert, als Mittel des Interessenausgleichs und des gegenseitigen Verständnisses".
Hering verwies auf das vor einigen Jahren vom Landtag gestartete Projekt "Unternehmen als Ort gelebter Demokratie", an dem nach Landtagsangaben zwischen 2022 und Ende November dieses Jahres bereits 13 berufsbildende Schulen mitgemacht haben bei insgesamt knapp 7.600 Teilnehmenden in mehr als 400 Workshops.
Projekt mit "Aha-Effekt"
Dabei werden Auszubildende zunächst nach Mainz in den Landtag eingeladen, später folgt ein Besuch im Betrieb samt einer Diskussion, an der auch Vorgesetzte teilnehmen. Häufig werde deutlich, dass ein Austausch zu gesellschaftlichen Fragen einen "Aha-Effekt" für beide Seiten habe.
Positive Demokratieerlebnisse braucht es nach Ansicht Herings nicht zuletzt auch angesichts der Ergebnisse des jüngsten, Ende Oktober vorgestellten Rheinland-Pfalz-Monitors. Dem zufolge nimmt die Zufriedenheit der Menschen im Land mit dem Funktionieren der Demokratie trotz allgemeiner Zustimmung ab. Die Gruppe derer mit sehr rechten bis rechtsextremen Einstellungen ist der Studie zufolge innerhalb von zwei Jahren gewachsen und hat sich radikalisiert.