Fett statt fit"Die Soldaten sind zu dick"
Nach dem jüngsten Wehrbericht leidet die Bundeswehr zunehmend an den Folgen eines passiven Lebensstils und eines überbordenden Bürokratismus.
Die Fitness vieler Bundeswehrsoldaten lässt nach Einschätzung des Wehrbeauftragten Reinhold Robbe stark zu wünschen übrig. Mehr als 40 Prozent der jungen Soldaten hätten Übergewicht, kritisierte Robbe bei der Vorstellung seines Jahresberichts.
Dagegen brächten nur 35 Prozent der gleichaltrigen Zivilisten zu viel auf die Waage. Außerdem werde in der Truppe zu viel geraucht und zu wenig Sport getrieben. Aktuelle Untersuchungen dazu seien besorgniserregend. Verteidigungsminister Franz Josef Jung müsse hier Abhilfe schaffen.
"Auf den einfachen Nenner gebracht: Die Soldatinnen und Soldaten sind zu dick, treiben zu wenig Sport und achten zu wenig auf ihre Ernährung", bemängelte Robbe in seinem Bericht. Untersucht wurden junge Männer zwischen 18 und 29 Jahren. Dabei habe sich herausgestellt, dass auch die Zahl der stark Übergewichtigen in der Armee größer sei als unter Zivilisten: 8,5 Prozent der Soldaten brächten deutlich zuviel auf die Waage, während es bei den Altersgenossen im Zivilleben nur 7,1 Prozent seien. Hinzu komme, dass mehr als die Hälfte der Soldaten rauche und über 20 Prozent gar keinen Sport betrieben.
26 Millionen für den Spitzensport
Viele Soldaten würden sich nur mit schlechtem Gewissen die Zeit für den Dienstsport nehmen. "Sie wissen, dass sich in dieser Zeit der Aktenstapel auf dem Schreibtisch weiter erhöht", bemängelte der SPD-Politiker. Dabei gebe die Bundeswehr jedes Jahr rund 26 Millionen Euro für die Förderung des Spitzensports aus. Die wenigsten Soldaten wüssten aber, dass Wintersport-Asse wie Georg Hackl und Ronny Ackermann bei der Bundeswehr seien. Spitzensportler wie sie müssten in der Truppe stärker als Vorbilder genutzt werden.
Missstände rügte Robbe auch in der alltäglichen Arbeit der Soldaten. Die überbordende Bürokratie bei Auslandseinsätzen bereite große Probleme. Penible Abgasuntersuchungen, Mülltrennung und Betriebsprüfungen selbst für kleine Veränderungen an Fahrzeugen zerrten an den Nerven der Soldaten. Diese Regelungswut passe nicht mehr in die heutige Zeit und stehe der modernen Einsatzarmee im Weg. Stattdessen müssten die Vorgaben pragmatisch an die Gegebenheiten vor Ort angepasst und mit einem Minimum an Bürokratie umgesetzt werden.
Mit Blick auf den Afghanistan-Einsatz kritisierte Robbe, dass es dort auch nach so vielen Jahren noch Nachschubprobleme gebe. Als besonders eindringliches Beispiel hätten ihm die Soldaten in Kabul ein gepanzertes Fahrzeug vom Typ Dingo vorgeführt, das bereits seit sieben Monaten nicht mehr einsatzfähig war. Wenn aber Ersatzteile für die unverzichtbaren besonders geschützten Fahrzeuge ausblieben, sei dies nicht nur ein Ärgernis, sondern es gefährde Menschenleben, warnte Robbe.