Geld reicher Bankkunden "verpufft" Zypern langt richtig hin
30.03.2013, 15:00 Uhr
Bankkunden dürfen derzeit in Zypern pro Tag nicht mehr als 300 Euro abheben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kein Bankenansturm, keine Hysterie. Die Wiedereröffnung der Banken in Zypern verläuft ohne Zwischenfälle. Normalität ist deshalb nicht eingekehrt. Reiche Bankkunden werden stärker zur Kasse gebeten als bekannt: Sie verlieren bis zu 60 Prozent ihrer Einlagen. Darüber hinaus werden sie wohl unfreiwillig zu Bankaktionären.
Reiche Kontoinhaber in Zypern werden zur Rettung der Banken stärker geschröpft als erwartet. Sparer der Bank of Cyprus mit einem Vermögen von mehr als 100.000 Euro müssen mit heftigen Verlusten rechnen: Oberhalb dieser geschützten Summe droht bei jedem weiteren Euro eine Zwangsabgabe von bis zu 60 Prozent. Zyperns Finanzminister Michalis Sarris teilte in Nikosia die Modalitäten für die Rettung von Zyperns größter Bank mit. Vermögende werden dabei in einem ersten Schritt mit 37,5 Prozent ihrer Einlagen oberhalb der 100.000 Euro-Grenze zur Kasse gebeten.
Wer beispielsweise 200.000 Euro bei der Bank of Cyprus hat, dem bleiben 100.000 Euro sicher. Auf die verbleibenden 100.000 Euro wird eine erste Zwangsabgabe von 37,5 Prozent - also 37.500 Euro - erhoben. Weitere 22.500 Euro könnten folgen, erklärte Sarris im zyprischen Fernsehen. "Wir werden zusätzlich 22,5 Prozent sozusagen beiseite legen", sagte Sarris. Falls die Bank of Cyprus noch mehr Geld zur Rettung benötige, werde man auch diese 22,5 Prozent nehmen. Für Ihre Verluste sollen die Sparer Aktien der Bank bekommen. Eigentlich war für die großen Guthaben ein Abschlag von insgesamt "nur" 30 bis 40 Prozent erwartet worden.
Das Geld "verpufft"
Laut von der Zeitung "Kathimerini" veröffentlichten Dokumenten wird die zweitgrößte Bank, die Laiki Bank (Volksbank), wie schon erwartet in eine gesunde und eine sogenannte Bad Bank aufgespalten. Geldeinlagen von über 100.000 Euro würden vorerst nicht ausgezahlt. "Sie verpuffen", sagte ein betroffener Sparer.
Ein Insolvenzverwalter soll in den kommenden Jahren versuchen, durch den Verkauf von Immobilien und die Eintreibung fauler Kredite der Bad Bank einen Teil des verlorenen Geldes wiederzuerlangen und an die ehemaligen Sparer zurückzuerstatten. Finanzminister Michalis Sarris hatte Reportern gesagt, er rechne damit, dass dieses Verfahren etwa sieben Jahre dauern werde.
Die Banken öffneten am Karfreitag zu den normalen Schalterzeiten. Wie am Vortag blieb ein Massenansturm aus. Nach Informationen von Dimiris Antoniou, Chef der Zweigstelle der Bank of Cyprus am zentralen Elefterias Platz von Nikosia, wurden am ersten Tag der Wiederöffnung etwa 300 Millionen Euro abgehoben, etwa das Dreifache eines normalen Tages vor der Krise.
Bankgeschenke an Politiker?
Während Zyperns Banken die Rückkehr zur Normalität proben, versucht die zyprische Staatsanwaltschaft nun zu klären, wie Zyperns Banken in eine derartige Schieflage geraten konnten. Medienberichten zufolge sollen zahlreiche Politiker und Unternehmer des Inselstaates Kredite von zyprischen Banken erhalten und diese nur zum Teil oder gar nicht zurückgezahlt haben. Entsprechenden Medienberichten wird jetzt nachgegangen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte dpa, die Vorwürfe würden in den kommenden Tagen geprüft. Eine Anklage gebe es vorerst nicht.
Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone hatten bei den Verhandlungen über die Rettungsbedingungen für Zypern auf einer Beteiligung des Bankensektors beharrt. Das Land ist vor allem wegen seines überdimensionierten Finanzsektors in Schieflage geraten. Die Banken sollen als Gegenleistung für die zehn Milliarden Euro Hilfen von EU und IWF radikal schrumpfen.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa