IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn Der ambitionierte Franzose
15.05.2011, 11:09 Uhr
Ermittler betreten das Hotel, in dem sich der Vorfall ereignet haben soll: Die Polizei nehmen die Vorwürfe sehr ernst.
(Foto: AP)
Die New Yorker Polizei nimmt IWF-Chef Strauss-Kahn am Flughafen fest, der Staatsanwalt erhebt schwere Vorwürfe. Der Internationale Währungsfonds steht vor dem größten Skandal seiner Geschichte. Wer ist Dominique Strauss-Kahn?

Dominique Strauss-Kahn (links), hier bei einem Besuch im französischen Präsidentenpalast.
(Foto: dpa)
Wen man auch fragt: Jeder wusste nur das Beste von Dominique Strauss-Kahn zu berichten, den Chef der weltweit wichtigsten Finanzfeuerwehr, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) mit Sitz in Washington, D.C. Zu neuer Geltung habe er der Institution verholfen, an deren Existenzberechtigung man vor der Finanzkrise schon arg zweifelte. Inmitten der oft drögen Zahlenkolonnen des Weltwährungsfonds setzte Strauss-Kahn Akzente, die ihm wichtig sind, wie Arbeitslosigkeit oder die Not der Armen. Strauss-Kahn macht seine Auftritte zu Events.
"Er hat der Institution wieder Gewicht gegeben", sagen hochrangige Beamte des Weltwährungsfonds. Von seiner Ausstrahlung schwärmen viele. Und nun soll er Täter sein in einer Vergewaltigungsaffäre? Medienberichten zufolge soll Strauss-Kahn ein Zimmermädchen in einem Hotel zum Sex gezwungen haben. Der Verdacht weckt sofort Erinnerungen. Schon einmal musste sich der IWF-Chef mit dem Vorwurf sexuell motivierter Übergriffe auseinandersetzen.
Strauss-Kahn bereits vorbelastet?
Nicht, dass Skandale oder Skandälchen dem möglichen Kandidaten für die französische Präsidentschaft fern gewesen wären. Erst im Oktober 2008 musste der IWF seinen Chef vom Verdacht des Amtsmissbrauchs wegen einer Affäre mit einer früheren Mitarbeiterin freisprechen. Der frühere französische Finanzminister habe einen "ernsthaften Fehler hinsichtlich seines Urteilsvermögens" begangen, hieß es seinerzeit. Der Vorfall sei "bedauerlich".
Um sein politische Profil zu schärfen, kam Strauss-Kahn gerade zur rechten Zeit zum IWF. Seinen farblosen spanischen Vorgänger Rodrigo de Rato, löste er im November 2007 ab, gerade als alle Welt spekulierte, ob die globale Finanzfeuerwehr noch eine Aufgabe hätte angesichts einer boomenden Weltwirtschaft und voller Reservekoffer der zuvor so gebeutelten Schwellenländer. Als dann die Finanzkrise nicht nur über die ganze Welt, sondern vor allem auch über die europäischen Problemstaaten niederging, war es die große Stunde des IWF - man war wieder im Geschäft, man war wieder wichtig.
Und nicht wenige spekulierten: Welch bessere Startrampe könnte es geben für den polyglotten Franzosen, der mit seinem Charme regelmäßig auch trockene Finanzjournalisten für sich einnahm? Fragen nach etwaigen Präsidentschaftsambitionen bügelte er zuletzt harsch ab, wie bei einer Pressekonferenz während der IWF- und Weltbank-Tagung im April, als er einem Reporter beschied: "Das ist nicht relevant". Keiner nahm es ihm übel. DSK, wie man ihn nennt, erwuchs zum Gesicht, zur Seele einer Institution, die zuvor als kalt und öde galt.
Geboren in Paris
Strauss-Kahn stammt aus einer jüdisch-marokkanischen Familie und wurde am 25. April 1949 im schicken Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine geboren. Er machte zunächst als Jurist und Wirtschaftswissenschaftler Karriere und unterrichtete unter anderem an der französischen Elite-Verwaltungsschule ENA. 1986 wurde er zum ersten Mal ins Parlament gewählt. Elf Jahre später ernannte Präsident Jacques Chirac ihn zum Finanzminister. Strauss-Kahn verschaffte sich international Respekt, indem er Frankreich auf die Einführung des Euro vorbereitete. Er privatisierte Staatsunternehmen und brachte das Haushaltsdefizit unter den Maastrichter Schwellenwert von drei Prozent.
Nach Korruptionsvorwürfen trat Strauss-Kahn 1999 zurück. Ein Gericht bescheinigte ihm seine Unschuld, einige Monate später wurde er wiedergewählt. Er war einer der Befürworter der 2005 von den Franzosen abgelehnten EU-Verfassung. Zudem setzt er sich für den deutsch-französischen Motor innerhalb Europas ein.
Dominique Strauss-Kahn ist in dritter Ehe verheiratet mit der TV-Journalistin Anne Sinclair. Als Chef des Internationalen Währungsfonds in Washington sitzt er nicht nur auf einem einflussreichen, sondern auch vergleichsweise lukrativen Posten. Sein Jahresgehalt beläuft sich auf 420.930 Dollar, zuzüglich Aufwandsentschädigungen von 75.350 Dollar.
Die Amtszeit beim IWF beträgt fünf Jahre. Damit wäre Strauss-Kahn ab 2012 frei für neue Aufgaben - wenn er nicht verurteilt wird. Denn spätestens dann dürfte seine politische Karriere wohl beendet sein. Seine Ambitionen auf das Präsidentenamt im Elysee wären endgültig Geschichte.
Quelle: ntv.de, dpa/rts