Schmiergelder ans Gaddafi-Regime Ferrostaals dunkle Geschäfte
14.07.2011, 13:07 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Bei Ferrostaal sollen Medienberichten zufolge weltweit 336 Mio. Euro in dunkle Kanäle geflossen sein. Beim Essener Handelskonzern soll es zeitweise wie in einem Geheimbund zugegangen sein. Gelder an das Gaddafi-Regime machen dabei nur einen Teil aus. Dafür soll der Ex-Vorstandschef nun bezahlen, doch der weist die Vorwürfe zurück.
Bei dem in Essen ansässigen Handelskonzern Ferrostaal AG, bei dem derzeit wegen Korruption ermittelt wird, sollen weltweit 336 Mio. Euro in dunkle Kanäle geflossen sein. Das gehe aus einem bislang unveröffentlichten Prüfbericht der US-Anwaltskanzlei Debevoise & Plimpton hervor, die im Auftrag des Aufsichtsrats von Ferrostaal verdächtige Geschäfte geprüft habe, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
Seit 1999, als in Deutschland die Auslandskorruption unter Strafe gestellt wurde, sollen dem Prüfbericht zufolge von der alten Konzernspitze der Handelsgesellschaft zahlreiche Warnsignale ("rote Flaggen") missachtet worden sein.
Mehr Geheimbund als Unternehmen
Ferrostaal sei teilweise mehr wie eine Art Geheimbund als wie ein modernes, international agierendes Unternehmen geführt worden, zitierte die Zeitung aus dem Bericht. Die bei Verdachtsfällen intern angeordneten Prüfungen hätten nur den Zweck gehabt, Ferrostaal "reinzuwaschen". Es sei dem alten Vorstand angeblich nur darum gegangen, sich selbst zu schützen. Die offizielle Firmenpolitik ("wir schmieren nicht") sei nur ein Lippenbekenntnis gewesen.
Nach einer Razzia der Münchner Staatsanwaltschaft im Mai 2009 habe der damalige Vorstand versucht, die Angelegenheit zu vertuschen. Gegen eine vom Aufsichtsrat beschlossene Untersuchung sei "beträchtlicher Widerstand" geleistet worden. Ferrostaal habe sogar Nachforschungen im Ausland verboten – etwa in Südafrika, obwohl das unbedingt nötig gewesen wäre.
Die Anwaltskanzlei Debevoise ordnete laut Zeitungsbericht die zweifelhaften Geldtransfers in drei Kategorien ein: Acht Mio. Euro bereits nachgewiesene Schmiergeldzahlungen, 81 Mio. Euro mit Schmiergeldverdacht, 246 Mio. fragwürdige Zahlungen trotz "roter Flaggen", insgesamt also 336 Mio. Euro. Davon seien 135 Mio. Euro nach Trinidad geflossen, 74 Mio. nach Griechenland (vor allem beim Verkauf von U-Booten an die dortige Marine), 36 Mio. nach Südafrika, 32 Mio. in den Oman, 12 Mio. nach Libyen, fünf Mio. nach Venezuela und der Rest des Geldes in weitere Staaten.
Weit gestreute Gelder in Libyen
In Libyen sind Debevoise zufolge zwischen den Jahren 2000 bis 2005 Berater aus mehreren Staatsunternehmen und sogar ein Regierungsvertreter mit Bargeld bedacht worden, teils direkt, teils über Bekannte. Die einzelnen Beträge, die laut der Kanzlei in Libyen gezahlt wurden, sollen nicht groß gewesen sein, zwischen einigen tausend und mehreren zehntausend Euro. Doch die Gesamtsumme ist beträchtlich: Rund zwölf Mio. Euro, davon seien zwei Mio. definitiv Schmiergeld, so die Prüfer. Der Rest falle unter die Rubriken "dubios" (Korruptionsverdacht) und "zweifelhaft". Ferrostaal hat demnach Schmiergeld an das Regime von Muammar al Gaddafi gezahlt.
Ferrostaal bereitet dem Zeitungsbericht zufolge nun Schadenersatzforderungen gegen den alten Vorstand vor. Ex-Konzernchef Matthias Mitscherlich soll zusammen mit einem ehemaligen Vorstandsmitglied 40 Mio. Euro entrichten. Auch viele andere Ex-Manager sollen zahlen. Der Aufsichtsrat, der gegen Mitscherlich & Co vorgeht, stütze sich auf den Debevoise-Bericht, hieß es. Mitscherlich bestreitet die Vorwürfe, wie Vertraute von ihm berichten. Er habe alles getan, um Unsauberkeiten zu verhindern. Der Debevoise-Bericht spiegele nicht die Realität wider. Diese Anschuldigungen seien schlichtweg falsch.
Quelle: ntv.de, sla