Riskante Finanzwetten Gericht verhandelt über Leipzigs Schicksal
29.04.2014, 10:57 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Vor Jahren schließt die Führung der Leipziger Wasserwerke hochriskante Wetten in abenteuerliche Höhe mit Banken ab. Die Deals platzen. Nun fordern die Banken 400 Millionen Euro zurück. Sollte die Kommune juristisch unterliegen, droht der Finanz-Gau.
Einer der deutschlandweit größten kommunalen Finanzskandale beschäftigt ab heute das höchste britische Zivilgericht. In London stehen sich Leipziger Wasserwerke KWL und die Schweizer Großbank UBS vor dem High Court in London im Streit um die Folgen eines Millionendebakels mit riskanten Finanzwetten gegenüber. Es geht um mindestens 400 Millionen Euro, auf die sich die Forderungen der UBS und zweier weiterer Banken mittlerweile summiert haben, wie ein Sprecher des kommunalen Leipziger Dachkonzerns LVV bestätigte.
Die UBS verlangt, dass die Wasserwerke und damit die Stadt Leipzig für geplatzte Kreditausfallversicherungen zahlen. Die KWL wollen hingegen erreichen, dass diese Verträge vom Gericht für ungültig erklärt werden.
Ex-KWL-Geschäftsführer in Haft
Die Verträge über die Finanzdeals hatte der KWL-Geschäftsführer Klaus Heininger mit der federführenden UBS und zwei weiteren Banken abgeschlossen - und zwar geheim an den Aufsichtsgremien vorbei. Er wurde im vergangenen Dezember unter anderem wegen Untreue und Bestechlichkeit zu sieben Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt.
Die hoch verschuldete Stadt Leipzig hat bisher keinen Cent an die Banken gezahlt. Nach Meinung der Kommune hätten die Institute wissen müssen, dass derartige Geschäfte nicht allein von den Geschäftsführern abgeschlossen werden durften.
Dagegen beharrt die UBS auf ihrer Sichtweise. "UBS hat Klage eingereicht, um von KWL im Rahmen einer Anzahl von Derivatgeschäften geschuldete Gelder einzufordern. UBS glaubt an die Gültigkeit der entsprechenden Verträge", betonte das Bankhaus auf Anfrage.
Prozess bis Ende Juli
Der nach Berlin größten ostdeutschen Stadt droht laut MDR bei einem negativen Ausgang des Prozesses das finanzielle Desaster. Aktuell werden demnach aus den Gewinnen der Wasserwerke und der Stadtwerke die Schulden der hochverschuldeten Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV) von rund 600 Millionen Euro bedient. Im schlimmsten Fall müsste Leipzig dafür geradestehen.
Wie die Dreiländeranstalt weiter berichtete, wird der Prozess beide Seiten wohl jeweils 50 Millionen Euro kosten wird. Bis Ende Juli werde wöchentlich an vier Tagen verhandelt. Insgesamt seien 36 Zeugen und Sachverständige geladen. Auf der Liste stünden auch Spitzenbanker und Kommunalpolitiker.
Leipzig ist nicht die einzige deutsche Kommune, die durch riskante Finanzgeschäfte in Schwierigkeiten geraten ist. Die Berliner Verkehrsbetriebe etwa waren beim High Court in London von der Investmentbank JP Morgan auf die Zahlung von 155 Millionen Euro verklagt worden. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit einigten sich die Parteien im März überraschend auf einen Vergleich.
Hintergrund sind sogenannte Cross-Border-Deals. Dabei hatten Kommunen Teile der Infrastruktur verkauft oder vermietet und dann zurückgemietet. Für die Käufer ließen sich mithilfe der Aktion Steuern sparen. Ein Teil floss an den Leasingpartner. Leipzig gilt als eine der Städte, die von den Geschäften am umfangreichsten Gebrauch machte.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa