Wirtschaft

Streikpilot Thomas von Sturm Gewerkschafter ohne Pardon

Die Deutsche Lufthansa steuert direkt auf den womöglich größten Pilotenstreik in ihrer Unternehmensgeschichte zu. Treibende Kraft hinter dem Arbeitskampf ist Thomas von Sturm. Er gilt als knallharter Verhandlungspartner.

Frischer lackierter Arbeitsplatz: Der Bug einer A380 in Hamburg-Finkenwerder.

Frischer lackierter Arbeitsplatz: Der Bug einer A380 in Hamburg-Finkenwerder.

(Foto: REUTERS)

Thomas von Sturm war die Ruhe selbst. Mit nüchterner Stimme und unbewegter Miene hatte der Verhandlungsführer der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) vor einigen Tagen gemeinsam mit seinen Mitstreitern die Bombe platzen lassen: Bei einem viertägigen Streik wollen die Piloten der Lufthansa die Fluggesellschaft von kommenden Montag an praktisch lahm legen. Die ungewöhnlich harte Arbeitskampfmaßnahme trägt die Handschrift des langjährigen Lufthansa-Flugzeuglenkers und Gewerkschafters, der als knallharter Vertreter der Interessen der Lufthansa-Piloten gilt.

"Von Sturm ist der Gedankengeber dieses Streiks", sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. Tatsächlich war der 49-jährige Sprecher der Konzerntarifkommission der VC schon bei den letzten großen Streiks der Lufthansa-Piloten 2001 als Verhandler ohne Pardon aufgefallen. Er stand damals noch als Präsident an der Spitze seiner Gewerkschaft und setzte üppige Gehaltszuwächse durch. Dass die Ausstände seiner Kollegen an vielen deutschen Flughäfen für Chaos sorgten, nahm er in Kauf.

Auch dieses Mal ist die Kampfansage des Boeing-747-Kapitäns unmissverständlich: "Wir wollen zeigen, dass wir entschlossen sind", ließ von Sturm das Lufthansa-Management wissen. Im Vergleich zu 2001 wird sogar noch eins drauf gesetzt: Diesmal ist ein Dauerstreik geplant.

Im Kern geht es der Gewerkschaft um die Arbeitsplätze der deutschen Piloten, die unter Experten als privilegiert gelten. Von Sturm will nach Ansicht von Branchenkennern aber nicht nur verhindern, dass die Lufthansa mehr Strecken von Auslandstöchtern mit niedrigerem Lohnniveau bedienen lässt, sondern zielt auch auf mehr Mitbestimmung der Piloten im Lufthansa-Management.

Zweifel in den eigenen Reihen

Dass sich die Piloten bei einer Urabstimmung mit großer Mehrheit für Streiks entschieden, liegt wohl nicht zuletzt an dem als eloquent bekannten Gewerkschafter. Allerdings hat von Sturm, der seine Karriere 1980 mit der Ausbildung an der Lufthansa-Flugschule begann, auch Kritiker in den eigenen Reihen. So werfen ihm manche geringerbezahlte Piloten von Tochtergesellschaften wie Cityline oder Eurowings sowie anderer Fluggesellschaften vor, zu stark die Interessen der Lufthansa-Piloten im Blick zu haben.

Frauen und Männer hinter dem Streik: Der aktuelle Vorstand der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit.

Frauen und Männer hinter dem Streik: Der aktuelle Vorstand der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit.

In einem gewerkschaftsinternen Machtkampf hatte sich von Sturm, der von 2000 bis 2006 VC-Präsident war, mit seiner härteren Gangart gegenüber dem Lufthansa-Management durchgesetzt. Vor etwa anderthalb Jahren scheute er sich nicht, gegen seine Nachfolger an der Gewerkschaftsspitze mobil zu machen. So übte er in einem offenen Brief Kritik am damaligen VC-Präsident Tim Würfel, der gegenüber der Lufthansa eher einen Kurs des Kompromisses eingeschlagen hatte.

"Er fährt volles Risiko"

Würfels Nachfolger Winfried Streicher gilt nun als Vertrauter von Sturms, der wiederum im vergangenen Sommer seine langjährige Tätigkeit als Sprecher der Konzerntarifkommission wieder aufnahm und nun die Auftritte in der Öffentlichkeit absolviert. Bekannt ist von Sturm aber nicht nur für seinen Machtinstinkt, sondern auch für seine Fähigkeit, in hitzigen Diskussionen einen kühlen Kopf zu bewahren. Etwa im Lufthansa Aufsichtsrat, in dem er von 2005 bis 2008 als Arbeitnehmervertreter saß und wo er dem Vernehmen nach Wutausbrüche von Gegenspielern einfach an sich abprallen ließ.

Mit der Ankündigung eines derart massiven Streiks setzt von Sturm nun viel aufs Spiel - für sich selbst, aber auch für seine Gewerkschaft. "Er fährt volles Risiko", sagt Experte Schellenberg. Bewege sich die Lufthansa nicht, lasse sich eine solche Maßnahme nicht einfach wiederholen. Von Sturm hofft aber offenbar auf einen schnellen Durchbruch und und gibt sich gewohnt gelassen. "Wir wollen sehr zügig zu einer Lösung kommen", ließ er die Öffentlichkeit wissen.

Quelle: ntv.de, Julia Gaschik, AFP

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