Wirtschaft

14.000er Hürde übersprungen Konjunkturglaube hievt Dax auf Rekordhoch

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Die Krawalle in Washington haben sich nicht negativ auf die Börsen ausgewirkt.

(Foto: REUTERS)

Getrieben von starken Vorgaben der Wall Street und eines 30-Jahres-Hochs des japanischen Nikkei springt der deutsche Leitindex nach mehreren Anläufen erstmals über 14.000 Punkte. Damit steigen die Börsen weltweit "in Stunden, in denen die US-Demokratie in ihren Grundfesten erschüttert wird", kommentiert ein Analyst.

Der deutsche Leitindex hat erstmals in seiner Geschichte die Marke von 14.000 Punkten überwunden. Nach mehrmaligen Versuchen knackt der Dax die runde Marke und stieg bis auf 14.007,47 Zähler - anschließend kam das Börsenbarometer wieder etwas zurück. Am Ende stand ein solides Plus von 0,6 Prozent auf 13.968 Punkte an der Kurstafel. Das Chaos in Washington lässt die Anleger damit offensichtlich kalt. Auch an der Wall Street sind die Konjunkturoptimisten in der Überzahl. Die US-Leitindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 markieren im frühen Handel neue Bestmarken.

Genährt wurden die Konjunkturhoffnungen vor allem von der Mehrheit der Demokraten in beiden Kammern des US-Kongresses. Dieser Partei gehört auch der künftige Präsident Joe Biden an. "Die Konstellation lässt weitere fiskalpolitische Stimulierungsmaßnahmen in den USA erwarten", sagte Commerzbank-Analyst Daniel Briesemann. "Schon kurzfristig könnten neue Corona-Hilfsmaßnahmen beschlossen werden, die von den Republikanern bislang abgelehnt wurden."

Auch die Börsenbarometer aus der zweiten und dritten Reihe, der MDax und der SDax, verbuchten Rekordstände. Der Index für mittelgroße Werte schloss letztlich 0,3 Prozent fester bei 31.224 Zählern. Der Nebenwerte-Index SDax kletterte 1,1 Prozent auf 15.278 Stellen. Der EuroStoxx 50 legte um 0,3 Prozent auf 3622 Punkte zu. Der französische Cac 40 rückte um 0,7 Prozent vor und der britische FTSE 100 um 0,2 Prozent.

Für zusätzlichen Rückenwind sorgte das beschleunigte Wachstum der US-Dienstleister. Trotz der Corona-Krise stieg der Einkaufsmanager-Index im Dezember überraschend auf 57,2 Punkte. Dies ist positiv zu werten, zumal im Umfeld hoher Neuinfektionszahlen ein Rückgang erwartet wurde.

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Zusätzlichen Schub gibt es durch die Zulassung eines zweiten Impfstoffs in der Europäischen Union. Marktbeobachter warnen allerdings: Anlagenotstand und Risikoneigung bleiben trotz aller noch bestehenden Unwägbarkeiten durch die Pandemie hoch.

Infrastrukturwerte gesucht - Rohstoffe auch

Vor diesem Hintergrund griffen Investoren erneut bei Infrastrukturwerten zu. Der europäische Branchenindex stieg auf ein Elf-Monats-Hoch. Zusätzlichen Rückenwind lieferte der Ausblick von Saint Gobain. Der Bauindustrie-Zulieferer stellte ein Quartalsergebnis über Markterwartungen in Aussicht.

Unter den Einzelwerten im Dax stachen HeidelbergCement mit einem Kursplus von 3,9 Prozent besonders positiv heraus. Die französische Großbank Societe Generale empfahl die Aktie mit Blick auf das US-Geschäft des Konzerns zum Kauf. Bayer stiegen um 1,7 Prozent. Gemeinsam mit dem Tübinger Unternehmen Curevac will der Pharma- und Agrarchemiekonzern die Weiterentwicklung, Produktion und den Vertrieb eines Corona-Impfstoffes vorantreiben. Curevac profitierten von den gemeinsamen Plänen noch deutlich stärker und legten um rund 15 Prozent zu.

Delivery Hero verloren hingegen am Dax-Ende 2,9 Prozent. Der Essenslieferant hatte am Vorabend mitgeteilt, sich bei einer Kapitalerhöhung brutto rund 1,2 Milliarden Euro an frischem Geld besorgt zu haben. Börsianer begründeten die Kursverluste auch mit Gewinnmitnahmen, nachdem die Aktien in den vergangenen vier Wochen um fast 50 Prozent nach oben geschnellt.

Aus der zweiten Reihe standen unter anderem die Anteile von Knorr-Bremse mit plus 1,6 Prozent und die Kion-Papiere mit einem Aufschlag von 4,9 Prozent im Blick die Bank of America hatte beide Titel zum Kauf empfohlen.

Ein Rekordhoch erreichten die Titel des Chemikalienhändlers Brenntag. Die Aktien des Windkraft-Anlagenherstellers Nordex kletterten mit plus 8 Prozent an die SDax-Spitze und erreichten den höchsten Stand seit Oktober 2016. Hier trieb nicht nur ein weiterer Großauftrag, sondern auch die Aussicht, dass der designierte US-Präsident Joe Biden in den kommenden Jahren Billionen Dollar in ein grünes Infrastrukturprogramm investieren will.

Der Konjunkturoptimismus spiegelte sich auch am Rohstoffmarkt wider. So übersprang der Preis für Nickel erstmals seit einem knappen Jahr wieder die Marke von 18.000 Dollar je Tonne. Wegen des wachsenden Bedarfs für Elektroauto-Batterien werde sich dieses Industriemetall langfristig weiter verteuern, prognostizierte Commerzbank-Experte Briesemann. Kupfer war mit 8182 Dollar so teuer wie zuletzt vor acht Jahren.

"Millionen Amerikaner für demokratisches System verloren"

"Die Aktienmärkte weltweit steigen in Stunden, in denen die US-Demokratie in ihren Grundfesten erschüttert wird", kommentiert Markus Schön vom gleichnamigen Vermögensverwalter. Schließlich seien die Demokratie und ihre Grundlagen in der Basis gewaltsam angegriffen worden. "Politisch ist die Situation in den USA so angespannt wie seit dem Bürgerkrieg nicht mehr. 15 bis 20 Millionen US-Amerikaner sind für das demokratische System endgültig verloren und bieten ein Gefahrenpotenzial, das die Aktienmärkte weltweit in Angst und Schrecken versetzen müsste", sagt Schön.

Anhänger von Donald Trump hatten in der Nacht das Kapitol gestürmt, während der Kongress sich anschickte, Bidens Wahlsieg formell zu bestätigen. Die Wall Street gab daraufhin Gewinne ab, ein Kursrutsch blieb allerdings aus. "Das scheint der ultimative Inbegriff von vier Jahren Trump'scher Präsidentschaft zu sein. Aber niemand glaubt, dass die Wahlergebnisse dadurch umgestoßen werden", kommentiert Takashi Hiroki, Chefstratege beim Handelshaus Monex.

Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index war am Morgen um 1,6 Prozent auf 27.490 Punkte gestiegen. Zwischenzeitlich kletterte er sogar auf den höchsten Stand seit August 1990. Der breiter gefasste Topix-Index legte 1,7 Prozent zu.

Quelle: ntv.de, jki/ddi/jwu/rts

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