Wirtschaft

"Wer zuerst zuckt, verliert" Rettung für WestLB naht

Griff in die Notreserve: Die Sparkassen verspüren wenig Lust, Geld in ein Projekt zu pumpen, das sie auf der Druck der EU ohnehin aufgeben müssen.

Griff in die Notreserve: Die Sparkassen verspüren wenig Lust, Geld in ein Projekt zu pumpen, das sie auf der Druck der EU ohnehin aufgeben müssen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die deutschen Landesbanken wollen der angeschlagenen WestLB finanziell unter die Arme greifen. Der als Vermittler agierende Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) teilte mit, die Landesbanken-Chefs hätten sich "auf einen finanziellen Beitrag im Zusammenhang mit der Abspaltung eines Portfolios der WestLB und dessen Überführung in eine Abwicklungsanstalt" verständigt.

Die WestLB will rund 85 Mrd. Euro aus ihrer Bilanz in eine sogenannte "Bad Bank" auslagern, braucht dafür aber Milliarden an frischem Kapital. Die Sparkassen in NRW als Miteigentümer wollen der WestLB kein frisches Kapital mehr zur Verfügung stellen.

In Finanzkreisen hieß es, es gehe um einen "substanziellen Beitrag" der Landesbanken. Wie dieser aussehen könnte, sei aber noch unklar.

Notreserve im Blick

Die Sparkassen Nordrhein-Westfalens wollen zum Umbau der angeschlagenen WestLB die Notreserve aller deutschen Landesbanken anzapfen. In einer Mitteilung stellte die WestLB AG aber klar, sie habe keine Unterstützung durch die Reserve der Landesbanken beantragt. Vielmehr hätten die NRW-Sparkassenverbände zur Abdeckung der auf sie entfallenen Verpflichtungen auch Gespräche über eine mögliche Inanspruchnahme der Sicherungsreserve geführt.

Die Landesbank bekräftigte zugleich, dass sie Papiere in einem Gesamtvolumen von etwa 85 Mrd. Euro in eine sogenannte Bad Bank auslagern will. In diesem Zusammenhang seien schwierige haftungsrechtliche Fragen mit dem Bankenrettungsfonds Soffin und den WestLB-Eigentümern als zukünftigen Trägern einer Abwicklungsanstalt zu klären.

Die NRW-Sparkassen sind die Mehrheitseigentümer der WestLB. Im Poker um die Rettung der WestLB stemmen sie sich mit aller Macht gegen weitere Milliardenhilfen.

Mit der WestLB auf der Kippe

Derweil läuft der WestLB die Zeit davon: Bis Ende der Woche muss eine Lösung gefunden werden, weil dann Garantien auslaufen, die das Überleben der Düsseldorfer Großbank sichern. Eine Schließung hätte drastische Folgen für das Finanzsystem: "Mit der WestLB würden viele Banken kippen", sagte ein Insider.

Der Präsident des westfälisch-lippischen Sparkassenverbands (WLSGV), Rolf Gerlach, lehnte in einem Interview mit der "Börsen-Zeitung" weitere Hilfen der Sparkassen für die WestLB ab: "Dazu sind wir prinzipiell nicht bereit."

In die Kernbank zu investieren, sei für die öffentlich-rechtlichen Institute unsinnig, da sie auf Druck der EU-Kommission bis Ende 2011 ohnehin aussteigen sollten. Außerdem hätten die Sparkassen in den vergangenen Jahren mehr Geld in die WestLB gesteckt als die übrigen Eigentümer, vor allem mehr als das Land Nordrhein-Westfalen.

Pokerspiel mit hohen Einsätzen

Die Sparkassen hatten Kreisen zufolge gedroht, die WestLB in die Pleite gehen zu lassen, um dann über die Sicherungsreserve der Landesbanken Kapitalgeber außerhalb von Nordrhein-Westfalen zu finden.

Bei einem Zusammenbruch der WestLB müssten ohnehin alle Spitzeninstitute über den Haftungsverbund geradestehen. Die Drohung laufe jedoch ins Leere, sagte ein beteiligter Banker. Bei einer Insolvenz der WestLB wären vor allem die Sparkassen selbst als Eigentümer der Landesbanken betroffen. Sie bürgen zusammen mit dem Land noch für Anleihen im Volumen von rund 50 Mrd. Dollar, die die WestLB noch in der Zeit der Gewährträgerhaftung begeben hatte.

Abgesehen davon fordern die nordrhein-westfälischen Sparkassen eine Beteiligung des Bundes. Dieser pocht Finanzkreisen zufolge aber darauf, dass die Sparkassen ihre Beteiligung an den Provinzial-Versicherungsgruppen verkaufen, um stille Reserven in Milliardenhöhe zu heben. Der Haftungsfall tritt erst dann ein, wenn die Eigentümer selbst die Waffen strecken müssen.

Nach den gescheiterten Gesprächen mit den Landesbanken werde mit Hochdruck auf allen Ebenen weiterverhandelt, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person. Es handele sich um eine "extrem anspruchsvolle Verhandlungssituation", sagte ein Banker. Gerlach äußerte sich zuversichtlich, dass in den nächsten Tagen noch eine Lösung gefunden wird.

"Die Frage ist nur, wer zahlt"

In Finanzkreisen wird damit gerechnet, dass sich letztlich doch alle an einer Kapitalspritze beteiligen: Die Sparkassen, das Land Nordrhein-Westfalen, die Landesbanken und der Bund. "Eine Einigung wird es aber wohl frühestens am Wochenende geben", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person. "Bis dahin gilt die Devise: Wer zuerst zuckt, verliert."

Auch Anleger machen sich Sorgen um die Zukunft der WestLB: Die Absicherung von Krediten der WestLB kostete am Dienstag nach Angaben von Händlern in London rund 150 Basispunkte, am Montag waren es noch 91 Basispunkte gewesen.

RBS-Analyst Tom Jenkins beschwichtigte aber: "Ich glaube nicht, dass die WestLB jetzt zusammenbricht, wo sie zehn Jahre lang immer wieder gerettet wurde. Realistisch ist eine ordentliche Abwicklung, bei der die vorrangigen Schulden gesichert sind."

Analyst Konrad Becker von Merck Finck sagte: "Eine Bank in dieser Größe und Bedeutung muss gerettet werden. Die Frage ist nur, wer zahlt."

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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