Scharfe Töne in Europa Schäuble legt sich mit Brüssel an
16.05.2013, 14:14 Uhr
Realität in Europa: In der Innenstadt von Madrid bilden sich lange Schlangen vor einer Arbeitsvermittlung.
(Foto: REUTERS)
Die anhaltende Wirtschaftsmisere in Europa zerrt auf höchster Ebene an den Nerven: Vor allem die Masse arbeitsloser Jugendlicher wächst sich mehr und mehr zu einer hochbrisanten Mischung mit politisch-sozialer Sprengkraft aus. Jetzt erhebt der Bundesfinanzminister schwere Vorwürfe.

"Wir können Europa nicht bauen, indem wir einer ganzen Generation sagen, ihr müsst zehn Jahre lang warten."
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Mit ungewohnt offener Kritik hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein schnelleres Einschreiten gegen Jugendarbeitslosigkeit in der EU gefordert. Schäuble warf der EU-Kommission vor, mitverantwortlich für schleppende Fortschritte zu sein. Ihn ärgere immer noch, dass die EU-Kommission Hilfen für Griechenland und Portugal verzögere, sagte Schäuble auf dem WDR-Europaforum in Berlin.
Im Falle Griechenlands habe EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso den Vorschlag Luxemburgs abgelehnt, die Zuständigkeiten in der Kommission zu bündeln. "Am Ende geschieht nichts, weil sie sich gegenseitig blockieren", sagte der Minister mit Hinweis auf unterschiedliche zuständige EU-Kommissare.
"Wir haben Kreditprogramme für Portugal der Europäischen Investitionsbank (EIB), die von der Generaldirektion Wettbewerb seit einem Jahr nicht genehmigt werden", fügte er hinzu. Dies mache ihn, Schäuble, ärgerlich, weil die Menschen nicht so lange warten könnten.
Die verlorene Generation
Das Sechs-Milliarden-Euro-Paket zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit müsse schnell für die Qualifizierung von Jugendlichen etwa in Spanien genutzt werden. Auch hier seien die EU-Institutionen gefordert.
"Wir können Europa nicht bauen, indem wir einer ganzen Generation sagen, ihr müsst zehn Jahre lang warten. Deshalb müssen wir jetzt schneller machen", sagte Schäuble.
Weil dies in den europäischen Institutionen nicht rasch genug gehe, werde Deutschland nun bilateral aktiv werden. Er verwies auf Pläne der Bundesregierung, etwa mit Spanien ein duales Ausbildungssystem aufzubauen.
Das sogenannte Europaforum des WDR ist eine hochkarätig besetzte Veranstaltung, das nach Angaben des Veranstalters "Themen der europäischen Zukunftsdebatte" aufgreifen will und einen "Gedankenaustausch mit hochrangigen Politikern aus Europa" ermöglichen will.
In diesem Jahr nehmen neben Schäuble unter anderem auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, Bundeskanzlerin Angela Merkel, der britische Europaminister David Lidington und per Konferenzschaltung auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso teil.
Quelle: ntv.de, mmo/rts