Wirtschaft

"Brückentechnologie" aus Deutschland Siemens bietet Japan Ersatz an

Nach dem Erdbeben und dem Ausfall mehrerer Kernkraftwerke drohen Japan dauerhafte Probleme in der Stromversorgung. Der deutsche Industriekonzern Siemens könnte mit konventionellen Kraftwerken aushelfen. Erste Verhandlungen laufen.

Gasturbinenkraftwerke arbeiten auch in Deutschland: Hier ein Blick ins Herz des RWE-Kraftwerks Lingen im Emsland. Die Anlage verfügt laut Betreiber über einer Leistung von 887 Megawatt - bei einer Bauzeit von weniger als zwei Jahren.

Gasturbinenkraftwerke arbeiten auch in Deutschland: Hier ein Blick ins Herz des RWE-Kraftwerks Lingen im Emsland. Die Anlage verfügt laut Betreiber über einer Leistung von 887 Megawatt - bei einer Bauzeit von weniger als zwei Jahren.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Münchener Siemens-Konzern bietet Japan eigenen Angaben zufolge Gaskraftwerke zur Überbrückung eines mittelfristigen Strom-Engpasses an. "Wir könnten 2000 bis 3000 Megawatt mit Open-Cycle-Gaskraftwerken innerhalb von zwölf Monaten bereitstellen", sagte Spartenchef Michael Süß am Rande einer Veranstaltung in München.

Sein Haus habe bereits entsprechende Gespräche mit dem lokalen Versorger Tepco aufgenommen, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Den Preis für mehrere einfache Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von 2000 Megawatt bezifferte Süß auf etwa 750 Mio. Euro.

Nach dem schweren Erdbeben vom vergangenen Freitag war es in mehreren Kernkraftwerken im Nordosten der Hauptinsel Honshu zu schweren Störfällen gekommen. Am Standort Fukushima 1 sind die Anlagen des Betreibers Tepco schwer beschädigt. Selbst wenn die Verantwortlichen die Situation vor Ort rasch unter Kontrollen bekommen sollten, ist bislang nicht abzusehen, ob die Anlagen jemals wieder ans Netz gehen können.

Japan braucht ein neues Energiekonzept

Tokyo Electric Power
Tokyo Electric Power 4,00

Damit fallen die Kapazitäten zur Stromerzeugung in den betroffenen Kraftwerken wohl dauerhaft aus. Um die Bevölkerung und die japanische Wirtschaft vor anhaltenden Stromausfällen zu bewahren, muss die Regierung in Tokio dringend ein neues energiepolitisches Konzept erarbeiten. Zahlreiche Industriezweige - wie zum Beispiel die Hightech-Hersteller oder die Autobauer - sind auf eine konstante, kostengünstige und vor allem zuverlässige Stromversorgung angewiesen.

Der Neubau von kerntechnischen Anlagen bietet dabei schon aus rein praktischen Überlegungen keine Lösung: Die Errichtung eines Meilers dauert von der Planung bis zur Netzanbindung aufgrund der umfangreichen Sicherheitstechnik in der Regel mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.

Strom-Engpässe in Deutschland?

In Deutschland drohen nach der Abschaltung mehrerer Kernkraftwerke nach Einschätzung der Energieexpertin Claudia Kemfert keine Engpässe in der Strom-Versorgung. "Kurzfristig kann man insgesamt bis zu vier oder fünf Kernreaktoren vom Netz nehmen", sagte die Mitarbeiterin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). "Dies entspricht dem Überschuss an Strom, den Deutschland im Moment hat."

Die Reaktoren dürften allerdings fehlen, wenn im kommenden Jahrzehnt viele alte Kohlekraftwerke vom Netz gehen. "Die frühe Abschaltung der Reaktoren müsste durch einen teilweisen Zubau von Kohlekraftwerken kompensiert werden", sagte die Professorin. "Somit würden die CO2-Emissionen steigen." Die Betreiber müssten so rasch wie möglich in Alternativen investieren. "Und dies werden in erster Linie Kohlekraftwerke sein", erwartet Kemfert.

Wird Strom jetzt teurer?

Mit steigenden Preisen wegen der Abschaltung mehrerer Atomkraftwerke sei nicht zu rechnen, sagte Gustav Horn, Direktor des IMK-Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Der Strom-Überschuss verhindere, dass die Kosten für die Verbraucher in die Höhe gingen.

Hintergrund für die Überlegungen der Energieexperten ist der sogenannte AKW-Beschluss, mit dem die Bundesregierung auf die nukleare Katastrophe nach dem Erdbeben in Japan reagiert hat. Alle sieben bis Ende 1980 in Betrieb genommenen deutschen Atomkraftwerke werden mindestens bis zum 15. Juni abgeschaltet, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt. In Deutschland wird etwa 22 Prozent des produzierten Stroms in Kernkraftwerken produziert.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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