Schönheitswettbewerb bei Bestattern"Miss Abschied" punktet mit Lebensfreude

Bestatter? - Das ist ein trauriger Beruf, bei dem es nicht viel zu Lachen gibt. Jetzt kürt ein Online-Portal die schönste Bestatterin Deutschlands. Während sich "Miss Abschied" über ihren Titel freut, stößt die Auszeichnung in Fachkreisen auf Kritik.
Rahel Merks hat große Augen und lacht gerne. Besonders wenn sie über ihren Job spricht. "Ich bin eine Last-Event-Managerin", sagt sie dann. Oder: "Ich bin Seelsorgerin und Begleiterin, ganz nah an den Menschen dran." Rahel Merks arbeitet als Bestatterin. Seit einem kuriosen Schönheitswettbewerb gilt die 36-Jährige als bundesweit schönste Vertreterin ihres Berufs.
Ein Online-Portal zum Preisvergleich für Bestattungen hat die Miss-Wahl ins Leben gerufen, um das Image des Berufs aufzupolieren. 47 Bestatterinnen aus ganz Deutschland hatten sich daraufhin beworben. Rahel Merks aus der schwäbischen Gemeinde Lauchheim setzte sich schließlich durch. Und darf sich jetzt "Miss Abschied" nennen. Ihr gefällt der Titel. "Es ist eine super Sache, mal das triste Tabuthema in ein anderes Licht zu rücken", sagt sie.
Merks sitzt in ihrem Besprechungszimmer, trägt eine weiße Perlenkette, einen schwarzen Rock und hohe Schuhe. Hinter ihr flackert eine Kerze. Ihr Schwager habe sie auf den Wettbewerb aufmerksam gemacht, sagt sie. Dann habe sie Fotos an die Jury geschickt und ein paar Zeilen über sich geschrieben. "Ich bin eine Frau, die mitten im Leben steht", stand darin. Die 36-Jährige überzeugte: Sie habe nicht nur durch ihr Äußeres, sondern auch durch ihre lebensfrohe Ausstrahlung gepunktet, lautet das Urteil der Jury. Merks sagt dazu: "Schönheit hat immer mit Reife und Charakter zu tun." Den Titel der "Miss Baden-Württemberg" hätte sie nicht gewollt.
Kritik an der Misswahl
Nicht alle in der Branche sind begeistert von der Miss-Wahl. "In diesem sensiblen Bereich ist das sehr grenzwertig", sagt Hans-Joachim Möller, Geschäftsführer des Verbands unabhängiger Bestatter. Rolf Lichtner, Geschäftsführer beim Bundesverband Deutscher Bestatter, hält den Wettbewerb für einen "netten Gag", auch wenn ihn sein Verband nicht veranstaltet hätte. "Aber es schadet nicht, dass Bestatter auch hübsch sind", sagt er.
Rahel Merks macht den Job seit mehr als zehn Jahren gemeinsam mit ihrem Mann. Die Berufswahl fiel der gebürtigen Schweizerin in jungen Jahren schwer. "Ich habe damals ein Jahr lang überlegt", sagt Rahel Merks. Heute liebt sie ihre Arbeit. "Das ist nicht mehr nur der schwarze Mann mit Hut wie früher", sagt sie und erzählt von Empathie, von Glaube und Hoffnung. Der Beruf des Bestatters wandle sich, die Organisation und Betreuung sei intensiver geworden. Friedhofstrends von Weltallbestattungen bis zum Erinnerungsdiamanten aus Asche verändern den Beruf.
Merks sieht ihre Arbeit als Rundum-Service. Sie entwirft Anzeigen, hält Trauerreden, wäscht und schminkt die Toten, gestaltet den Grabschmuck, spricht mit den Angehörigen. "Die Menschen suchen mehr das Gespräch." Sie betreibt mit ihrem Mann auch eine Hausdruckerei und einen Floristik-Betrieb, außerdem kümmern sie sich um Geburten und Hochzeiten. "Ich bin immer nah am Leben, wenn die Tränen fließen."
Der Geschäftsführer beim Bundesverband Deutscher Bestatter sagt: "Es ist ein attraktiver Beruf, weil er vielseitig ist und Humankompetenz erfordert." Mit Nachwuchsmangel kämpfe die Branche nicht. Die Nachfrage nach Ausbildungsstellen sei höher als das Angebot. Die Frauenquote in der Branche liege bei 45 Prozent. "Frauen sind besonders einfühlsam und eine Bereicherung für den Beruf", sagt der Verbandsgeschäftsführer. Stefan Merks ist auf jeden Fall stolz auf seine Schönheitskönigin. "Ich sag meiner Frau oft, dass sie hübsch ist", sagt er und grinst. "Jetzt glaubt sie's mir endlich."