Politik

Göring-Eckardt zur Fraktionsvorsitzenden gewählt Grüne machen sich stark

Die neugewählte Fraktionsspitze umringt von Journalisten. Katrin Göring-Eckardt ist in ihrer Partei nun so mächtig wie kein anderer.

Die neugewählte Fraktionsspitze umringt von Journalisten. Katrin Göring-Eckardt ist in ihrer Partei nun so mächtig wie kein anderer.

(Foto: dpa)

Trotz verlorener Bundestagswahl ist Katrin Göring-Eckardt die neue Spitzen-Grüne. Ihre Partei entscheidet sich damit gegen einen wirtschaftsfreundlicheren Kurs. Die Chancen für Schwarz-Grün sind trotzdem nicht gesunken.

Das war es dann also. Der personelle Neuanfang bei den Grünen ist abgeschlossen. Die Fraktion entschied sich dafür, die gescheiterte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt zu ihrer Vorsitzenden zu machen und nicht mit Kerstin Andreae auf einen wirtschaftsnahen Kurs umzuschwenken. Der Hunger nach Veränderung bei den Grünen scheint gestillt zu sein, nachdem sich Jürgen Trittin und Claudia Roth aus der ersten Reihe zurückgezogen haben.

Die Wahl von Göring-Eckardt war für die Grünen die Alternative mit dem geringeren Risiko. Andreae hätte die Parteiflügel weiter auseinander gebracht, ihr wirtschaftsliberaler Kurs kommt bei den Linken in der Fraktion nicht gut an.

Göring-Eckardt dagegen ist wie kaum sonst jemand dazu geeignet, beide Parteiflügel zu einem gemeinsamen Kurs zu motivieren. Sie gehört zwar zu den Realos, ist aber auch bei Linken wohlgelitten. Zwar verteidigt sie die Agenda 2010, im Wahlkampf vertrat sie aber auch glaubhaft die Steuererhöhungen, die der linke Flügel durchgesetzt hatte. Im Vergleich zu Göring-Eckardt wirkt Andreae wie eine liberale Hardlinerin.

Ungewöhnliche Machtfülle in einer Person

Die ehemalige Spitzenkandidatin ist damit für die kommenden Jahre der wichtigste Kopf in der Partei: Der Parteivorsitzende Cem Özdemir bleibt zwar im Parteivorstand und ist nun in den Bundestag gewählt worden, muss nun aber erst einmal nach Innen wirken um die Partei nach der verlorenen Wahl neu zu motivieren. Seine mögliche neue Vorstandskollegin Simone Peter muss sich erst einmal an das Rampenlicht gewöhnen, ebenso der neue Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter. Dafür, dass Hofreiter keinen Gegenkandidaten hatte, ist sein Wahlergebnis mit gut drei Viertel der Stimmen auch nicht gerade ein Zeichen der Geschlossenheit. Erst einmal wird er sich Göring-Eckardt unterordnen müssen.

Bei den Grünen werden alle Spitzenämter auf zwei Personen aufgeteilt. Dass in der Partei jemand so viel Macht auf sich vereint wie nun Göring-Eckardt, ist selten. Bei der weiteren Aufarbeitung des Wahlergebnisses und bei möglichen Koalitionsverhandlungen wird sie die Fäden in der Hand halten.

Andreae sieht Realos nicht geschwächt

Das liegt auch daran, dass die Niederlage Kerstin Andreaes ein Dämpfer für den extrem starken Landesverband aus Baden-Württemberg ist. Hier regiert der einzige grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Andreae war seine Kandidatin. Über sie hätte er die Bundespolitik wesentlich direkter beeinflussen und seinen wirtschaftsfreundlichen Kurs verankern können.

Dass es Andreae nicht wird, zeichnete sich bereits am Montagabend ab. Die Realos diskutierten darüber, sich auf eine gemeinsame Kandidatin zu verständigen. Andreae lehnte das ab, obwohl sie wusste, dass sie so keine Chance haben würde. Selbst mit einer breiten Unterstützung ihres Realo-Flügels wäre sie gegen die Linken nicht angekommen. Dass sie ihre Kandidatur nicht zurückzog, begründete sie auf Nachfrage von n-tv.de damit, dass sie so etwas prinzipiell nicht tun würde. „Das Verfahren war geradezu stilbildend“, sagte sie. Eine Schwächung des Realo-Flügels durch die Kampfkandidatur will sie nicht erkennen: Es sei völlig klar, dass sie Katrin Göring-Eckardt unterstützen werde.

Brückenbauerin zur Union?

Schon zwei Tage nach der Wahl wird die neue Fraktionsspitze in den Sondierungsverhandlungen mit CDU und CSU gefragt sein. Dass Andreae nun nicht dabei sein wird, wirkt erst einmal wie ein Rückschlag für die Freunde eines schwarz-grünen Experiments. Andreae hätte gemeinsam mit Kretschmann - der auch selbst mit am Tisch sitzt - Brücken zur Union bauen können. Andererseits wird es Göring-Eckardt leichter haben, die Partei hinter sich zu versammeln. Sie ist darum die stärkere Verhandlungspartnerin. Das Wagnis Schwarz-Grün könnte sie in der Partei besser vermitteln.

Quelle: ntv.de

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