"Ziemlich unverschämt" Kirchen empören sich über AfD-Landeschef
26.05.2016, 19:22 Uhr
Ein Flüchtlingsboot dient an Fonleichman als Altar: Der Kölner Erzbischof Woelki weist auf die Not von Flüchtlingen hin.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der bayerische AfD-Landesvorsitzende Bystron wirft den christlichen Kirchen vor, mit der Flüchtlingshilfe ein Geschäft zu machen. Kirchenvertreter weisen das nun zurück und sprechen von einem Schlag ins Gesicht der vielen ehrenamtlichen Helfer.
Die evangelische und die katholische Kirche haben Behauptungen des bayerischen AfD-Chefs Petr Bystron zurückgewiesen, sie würden sich durch die Flüchtlingskrise bereichern. Beide Kirchen reagierten zudem empört. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch sagte: "Ich finde das ziemlich unverschämt."
Bystron hatte den Kirchen in einem Beitrag für die "Huffington Post" vorgeworfen, über ihre Wohlfahrtsverbände ein Milliardengeschäft mit der Flüchtlingskrise zu machen und das "unter dem Deckmantel der Nächstenliebe". Kirchliche Organisationen nutzten zur Gewinnmaximierung oft die Hilfsbereitschaft unbezahlter Ehrenamtlicher über Monate aus, während sie Kommunen, Land und Bund für Aufbau und Betrieb von Flüchtlingsunterkünften saftige Rechnungen präsentierten. Bystron verlangte zudem ein "Ende der Kirchensubventionierung durch Steuergelder".
"Unreflektiertes Gerede"
Kirchliche Träger etwa von Flüchtlingsheimen erhalten genau wie andere Betreiber Geld vom Staat. In den Kirchen gibt es aber auch eine Vielzahl von anderen Initiativen, Flüchtlingen bei der Integration zu helfen.
Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, verwies darauf, dass die katholische Kirche und ihre Hilfswerke im Vorjahr 112 Millionen Euro an Sondermitteln für Flüchtlinge im In- und Ausland ausgaben - rund 40 Millionen Euro mehr als 2014. Zudem stellten Gemeinden tausende Unterkünfte sowie Räume für Freizeit- und Beratungsangebote bereit.
"Das unreflektierte Gerede von Herrn Bystron weise ich zurück. Es ist ein mit keinem einzigen Faktum belegtes Gequatsche, das wenig von einer sachlichen Diskussion zeugt", sagte Kopp am Rande des Katholikentages in Leipzig. "Wer so entgleist, schlägt allein 200.000 ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe der Kirchen Tätigen ins Gesicht."
Auch die Evangelische Kirche in Deutschland wehrte sich gegen die Vorwürfe. "Die christlichen Kirchen in Deutschland haben kurzfristig einen zusätzlichen dreistelligen Millionenbetrag für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung gestellt", sagte Sprecher Carsten Splitt. "Angesichts dieses Kraftakts und des ehrenamtlichen Engagements vieler hunderttausend Menschen" entbehre die Äußerung Brystons jeglicher Grundlage.
Bundesvorstand distanziert
Bystrons Position sei nicht mit dem Bundesvorstand der AfD abgestimmt worden, sagte ein Parteisprecher auf Anfrage. Allerdings hatte Parteivize Alexander Gauland diese Woche in einem Interview der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" gesagt, die Kirchen versuchten in der Flüchtlingspolitik, "den Staat zu manipulieren".
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry hatte den Kirchen im Februar vorgeworfen, sie engagierten sich nicht genügend für verfolgte Christen im Mittleren Osten. In einem Interview sagte sie damals: "Inzwischen erheben einige Amtsträger der deutschen Kirchen ihre Stimme offenbar mehr für Muslime als für die eigenen Glaubensbrüder. Hier gibt es ein deutliches Ungleichgewicht."
Quelle: ntv.de, hul/dpa