Polizei ließ Trio weiterfahren NSU flog laut Zschäpe 1998 beinahe auf
12.05.2016, 13:44 Uhr
Beate Zschäpe berichtet von einer Reise nach Hannover.
(Foto: dpa)
Der Pannenserie bei den Ermittlungen der NSU-Morde ist offenbar eine weitere Pleite hinzuzufügen: Die Polizei winkte den NSU Ende der 90er Jahre bei einer Kontrolle einfach weiter – trotz gestohlener KfZ-Kennzeichen und laufender Fahndung.
Das NSU-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ist kurz nach seinem Abtauchen 1998 knapp einer Festnahme in Hannover entgangen. Das enthüllte Zschäpe in einer von ihrem Wahlverteidiger Hermann Borchert verlesenen Aussage vor dem Oberlandesgericht München.
Demnach fühlten sich die drei nach einem Fahndungsaufruf im Fernsehen unter Druck. Der Besitzer der Chemnitzer Wohnung, in der sie sich versteckten, habe sie dazu gedrängt, wieder auszuziehen. Darauf seien sie mit einem Auto mit gestohlenem Kennzeichen nach Hannover gefahren und hätten ihren Unterstützer Holger G. besucht, der ebenfalls Angeklagter im NSU-Prozess ist.
In der Innenstadt seien sie in eine "Drogenkontrolle" der Polizei geraten. Die Polizisten hätten das gestohlene Kennzeichen "im Computer überprüft", ließ Zschäpe erklären. Passiert sei aber nichts: "Wir konnten unbehelligt weiterfahren".
Antworten gibt es nur schriftlich
Die Aussage wurde als eine Antwort auf mehrere Fragen des Gerichts verlesen. Zschäpe verweigert bisher direkte Nachfragen. Zschäpe hatte vergangenen Dezember nach jahrelangem Schweigen erstmals im NSU-Prozess ausgesagt, ebenfalls über ihre Verteidiger. Seitdem hat das Gericht mehrmals Fragenkataloge formuliert, die die Anwälte anschließend mit Zschäpe absprachen und beantworteten.
Zschäpe ist wegen der zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge des "Nationalsozialistischen Untergrunds" angeklagt. In den Jahren 2000 bis 2006 sollen die mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun türkisch- und griechischstämmige Gewerbetreibende aus rassistischen Motiven ermordet haben. Außerdem wird ihnen der Mord an der Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter im Jahr 2007 zur Last gelegt.
Quelle: ntv.de, jog/dpa