Politik

Жерар Депардьё ist Russe Spott für den Flugzeug-Pinkler

Der bestverdienende Schauspieler Frankreichs auf einer Weinmesse in Moskau.

Der bestverdienende Schauspieler Frankreichs auf einer Weinmesse in Moskau.

(Foto: dpa)

Irgendwie ist es tragisch. Allein aus monetären Gründen spielt der französische Nationalheld Depardieu dem russischen Präsidenten Putin ein Propaganda-Zückerchen zu, wie es lange keines gegeben hat. Was war gleich mit "Pussy Riot"? Die russische Opposition jedenfalls ist brüskiert.

Es ist eine kuriose Geschichte, die da läuft zwischen Russland, Frankreich und dem eigensinnigen Gérard Depardieu. Der bisherige Nationalheld wirft seinem Land quasi die Staatsbürgerschaft vor die Füße und wird Russe. Aus steuerlichen Gründen. Mon dieu! Im Reich seines Freundes Wladimir kann der Schauspieler ordentlich Geld sparen. Nur 13 Prozent Einkommenssteuer verlangt Moskau von seinen betuchteren Bürgern. In Frankreich sollen Superreiche wie Depardieu bald 75 Prozent zahlen, wenn sich die regierenden Sozialisten am Ende durchsetzen. Da macht "Gégé", wie ihn seine Landleute liebevoll nennen, doch lieber die Biege. Am Rande: Seine neuen Landsleute nennen ihn Жерар Депардьё.

Da freut sich Marketing-Stratege Putin.

Da freut sich Marketing-Stratege Putin.

(Foto: AP)

Der In-ein-Flugzeug-Pinkler lässt sich damit auf ein propagandistisches Spielchen ein. Völlig unbefangen lobt er Staatschef Putin, nennt sein Verhältnis zu ihm eng – und tritt dabei der um Freiheit und Gerechtigkeit kämpfenden russischen Opposition ganz wie "Lupenrein"-Kollege Gerhard Schröder obelixmäßig so richtig in den Hintern. Bei der Gelegenheit kann Putin nämlich weltweit nicht nur für seine niedrigen Steuern Werbung machen, sondern auch darauf verweisen, dass Russland ein offenes Land zu sein scheint, das sogar meinungsmachende Vorbilder ansteuern, wenn sie Probleme haben. Wie sollte es auch anders sein, wenn jemand wie Depardieu von einer "großen Demokratie" redet? Das macht doch die Inhaftierung von "Pussy Riot" schnell wieder wett.

"Ruhm sei Kadyrow"

Und dass Depardieu die Nähe zu mächtigen Menschen nicht scheut, die wie Putin eine – gelinde gesagt – fragwürdige Haltung zu Demokratie, Menschenrechten und Freiheit haben, hat er ja mehrfach unter Beweis gestellt. So zeigte sich Depardieu im Oktober vergangenen Jahres an der Seite des von Putin installierten Machthabers der russischen Kaukasusrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow.

Auf einer Geburtstagfeier für den Alleinherrscher, dem von Menschenrechtlern und Journalisten Mord, Entführungen, Folterungen und Erpressung vorgeworfen werden, rief der Schauspieler mit hochgereckter Faust: "Ruhm sei Tschetschenien, Ruhm sei Kadyrow." Dabei wird Depardieu entfallen sein, für welche Grausamkeiten die 2006 ermordete Journalistin Anna Politkowskaja, die intensiv über den schmutzigen Krieg in der einst abtrünnigen Republik berichtete, Putins Verbündeten Kadyrow verantwortlich machte.

Konsequenterweise nahm Depardieu mit der Tochter des usbekischen Langzeit-Präsidenten Islam Karimow gemeinsam ein Lied auf, außerdem wird er in einer von ihr geschriebenen TV-Serie mitspielen. Gulnora Karimowa hat sich in den vergangenen Jahren ein weitverzweigtes Unternehmensimperium angeeignet und versucht nun, ihren in Usbekistan wenig schmeichelhaften Ruf aufzupolieren. Auch hier erweist sich der Franzose als guter Freund.

"Nicht alle Tassen im Schrank"

Prompt hagelt es Kritik. Während die französische Presse recht gelassen mit dem Seitenwechsel umgeht und eher den Fokus auf die Reichensteuer an sich richtet, melden sich in Russland regierungskritische Stimmen. Der Schauspieler könne nun "eine echte historische Rolle" spielen, indem er sich an Protesten beteilige, schreibt der linksgerichtete Oppositionspolitiker Eduard Limonow in seinem Blog. "Jeden 31. im Monat um 18.00 Uhr fordern russische Bürger das Recht, sich friedlich zu versammeln, wie es in Artikel 31 der Verfassung vorgesehen ist. Wir warten auf Dich, Gérard!"

Doch es geht noch spöttischer. Blogger Anton Orech äußert, Depardieus Entscheidung zeige, dass er "Geld mehr liebt als das Vaterland". "Lasst uns unsere Pässe jedem geben, der viel Geld hat und Zuhause keine Steuern zahlen will", fügt er sarkastisch hinzu. Ein russischer Facebook-Nutzer meint: "Er bewundert unsere Demokratie - er hat nicht mehr alle Tassen im Schrank." Und ein Nutzer des Online-Netzwerkes Live Journal lästert: "Wegen Geld aus seinem Land abzuhauen... das ist so russisch - er ist einer von uns!"

Unterdessen findet Depardieus Aktion bereits eine erste prominente Nachahmerin: Brigitte Bardot, tierschützende Schauspielerin, will Russin werden, falls die beiden Elefanten "Népal" und "Baby" getötet würden. Die Tiere leiden an Tuberkulose und sollen nach dem Willen der Behörden in Lyon eingeschläfert werden. Sollte das geschehen, werde sie "aus diesem Land fliehen, das nur noch ein Tierfriedhof ist", so die Bardot. Ob die 78-Jährige recherchiert hat, was in Russland mit Tieren so geschieht, ist allerdings nicht bekannt.

Quelle: ntv.de

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