Wiesn wiedereröffnet München atmet nach Brandanschlag mit Sprengfallen auf - Familienstreit eskaliert
01.10.2025, 19:03 Uhr Artikel anhören
(Foto: picture alliance / SZ Photo)
Ein Mann setzt das Haus seiner Eltern in Brand. Seine Mutter schießt er an, die Tochter muss aus dem brennenden Haus gerettet werden, der Vater wird vermisst - ist aber wohl tot. Der Täter erschießt sich auf der Flucht selbst und hinterlässt einen Brief, der die Wiesn lahmlegt.
Die Münchner Polizei hat nach einem tödlichen Familienstreit mit einer Bombendrohung gegen das Oktoberfest Entwarnung gegeben. Die Lage sei unter Kontrolle. Ein 57-Jähriger soll das Haus seiner Eltern im Münchner Norden in Brand gesetzt und mit Sprengfallen versehen haben. Im Obergeschoss des ausgebrannten Hauses liegt laut Polizei eine Leiche, vermutlich der 90-jährige Vater des Täters. Der Tatverdächtige hatte zuvor am Morgen seine Mutter mit Schüssen verletzt. Die Tochter des Mannes erlitt leichte Verletzungen und wurde aus dem brennenden Haus gerettet. Nach einer Verfolgung durch die Polizei erschoss sich der Tatverdächtige selbst.
Der Mann soll in einem Brief "ein bombiges Erlebnis auf der Wiesn" angekündigt haben. Das Schreiben habe er in den Briefkasten einer Nachbarin geworfen, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann auf einer Pressekonferenz. In der Folge war das Festgelände mehr als sieben Stunden gesperrt gewesen und von Hunderten Beamten durchsucht worden. Man habe diese Drohung auch deshalb so ernst genommen, weil in dem brennenden Wohnhaus Sprengfallen gefunden worden waren, so Hermann.
Diese Sprengfallen erschwerten den Einsatzkräften Ermittlungs- wie Löscharbeiten. Die Feuerwehr rettete die Verletzten und errichtete einen Sperrbereich von rund 200 Metern. Laut Polizeipräsident Thomas Hampel wurde die 81-jährige Mutter des mutmaßlichen Täters mit Schussverletzungen im Garten gefunden, die 21-jährige Tochter musste aus dem brennenden Obergeschoss des Hauses gerettet werden. Sie habe springen wollen, weil ihr die Flammen näher rückten, konnte aber über eine Leiter entkommen. Sie ist demnach leicht verletzt, ihre Großmutter mittelschwer.
Polizei nennt Familienstreitigkeiten als Motiv
Der Vater des Tatverdächtigen wird weiter vermisst. Auf Aufnahmen des abgebrannten Hauses sei eine tote Person entdeckt worden. Die Polizei geht davon aus, dass es sich dabei um den Vater handelt. Die Einsatzkräfte können das Haus aber wegen der großen Hitze noch immer nicht betreten.
Als Motiv nennt die Polizei schwere Familienstreitigkeiten. Den Behörden sei der Täter nur bekannt, weil er die Vaterschaft für seine Tochter auch nach einem Test abgestritten habe, sagte Innenminister Hermann. Der Mann habe argumentiert, das zuständige Institut sei bestochen worden und habe ein falsches Gutachten abgegeben. Dies habe er sowohl dem Landtag als auch dem Bundesjustizministerium vorgetragen. Der Mann habe sich offenbar mit der Situation nicht abfinden wollen, so Hermann. Die "Bild"-Zeitung berichtet von Erbstreitigkeiten, die im Brief des Täters zur Sprache gekommen seien.
Nachdem Mutter und Tochter des mutmaßlichen Täters in Sicherheit waren, verfolgten Polizeikräfte ihn zu einem nahe gelegenen See, an dem er sich das Leben nahm. Auf dem Weg dorthin hatten Anwohner gehört, wie er Schüsse abgab und womöglich weitere Sprengsätze zündete.
"Wenn jemand schon das eigene Elternhaus in die Luft sprengt"
Parallel zu dem Einsatz rund um das brennende Wohnhaus startete ein zweiter Großeinsatz auf dem Münchner Oktoberfest. Mehr als 500 Polizeibeamte waren dort im Einsatz, knapp 30 Hunde suchten nach Sprengstoff. "Es geht darum, dass ein Täter die Wiesn bedroht hat", sagte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter am Vormittag. "Die Polizei und der Koordinierungskreis kamen einhellig zu der Auffassung, dass wir dieses Risiko, Menschen auf das Oktoberfest zu lassen, nicht eingehen können."
Kurz vor 16 Uhr gab der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter Entwarnung: Die Wiesn werde ihre Pforten um 17.30 Uhr wieder öffnen. Schnell bildeten sich Schlangen an den Eingängen.
Bei der Pressekonferenz am Abend dankte Innenminister Hermann den Einsatzkräften und den Verantwortlichen für das besonnene Handeln. Die verbauten Stolperdrähte in dem abgebrannten Wohnhaus hätten für schwere Verletzungen bei Feuerwehrleuten oder Polizisten sorgen können. "Wenn jemand schon das eigene Elternhaus in die Luft gesprengt hat, dann ist das eine Situation, wo man klar gesehen hat, dass man das ernst nehmen muss", sagte der CSU-Politiker.
Die Wiesn immerhin sei aber nur verbal bedroht gewesen. Inzwischen lasse sich guten Gewissens sagen, dass das Oktoberfest sauber sei und dort wieder gefeiert werden könne. Auch er werde dort heute noch auftauchen, sagte Hermann.
Quelle: ntv.de, lwe/dpa/AFP