Ende der Seeblockade gefordert Bundestag appelliert an Israel
19.06.2010, 15:39 UhrUnion, FDP, SPD und Grüne wenden sich mit der Forderung nach einem Seeweg nach Gaza für UN-Hilfsgüter an Israel. Den Menschen müsse "schnell und unbürokratisch" geholfen werden. Entwicklungshilfeminister Niebel wird dsich bei seiner Nahost-Reise ein Bild von der Lage im Gaza-Streifen machen.

Ein israelisches Patrouillenboot an der nördlichen Grenze der Seeblockade.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Regierungs- und Oppositionsfraktionen im Bundestag wollen Israel einem Bericht zufolge gemeinsam auffordern, Hilfslieferungen nach Gaza auf dem Seeweg zuzulassen. Das gehe aus einem gemeinsamen Entschließungsantrag von Union, FDP, SPD und Grünen gegen die israelische Blockadepolitik hervor, schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
UN-Generalsekretär besteht weiterhin auf einer unabhängigen Untersuchung des Vorfalls um die "Gaza-Friedensflotte", bei dem die israelische Armee mehrere Schiffe mit Hilfsladungen für den Gaza-Streifen stürmte.
Derweil traf Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) zu einem Nahost-Besuch in Israel ein. Dort will er insbesondere über Entwicklungsprojekte im Gazastreifen sprechen. Nach internationalen Protesten hatte Israel zuletzt angekündigt, dass mehr Hilfsgüter auf dem Landweg zu den 1,5 Millionen Palästinensern gebracht werden dürfen.
"Blockade ist inakzeptabel"
"Die Lebenslage der Zivilbevölkerung in Gaza muss dringend verbessert werden", heißt es dem Bericht zufolge in dem Entwurf, der in der kommenden Woche im Bundestag eingebracht werden soll. Die außenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Kerstin Müller, sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Die Gaza-Blockade Israels ist faktisch eine Blockade der Vereinten Nationen. Das ist inakzeptabel."
Daher müsse für die Vereinten Nationen ein Zugang nach Gaza auf dem Seeweg geschaffen werden, damit diese "schnell und unbürokratisch" in der Lage seien, die Menschen mit den notwendigen Gütern zu versorgen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton solle auf entsprechende Verhandlungen zwischen Israel und den Vereinten Nationen hinwirken, wird in dem Entschließungsantrag der vier Fraktionen gefordert. Müller forderte eine "sofortige Aufhebung der Blockade" durch Israel.
Die vom israelischen Sicherheitskabinett beschlossene Lockerung der Blockade könne "nur ein erster Schritt sein", erklärte Müller. "Wir fordern eine sofortige Aufhebung der Blockade." Die Fraktionen verständigten sich dem Bericht zufolge auch auf eine gemeinsame Linie zum gewaltsamen israelischen Einsatz gegen die Gaza-Solidaritätsflotte, bei dem neun Menschen getötet worden waren. "Es bestehen starke Hinweise, dass beim Einsatz von Gewalt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wurde", stellten die Parlamentarier fest, wie es weiter hieß. Sie erwähnten aber auch "Hinweise, dass manche der Organisatoren der Flotte über Verbindungen zur radikalislamischen Hamas und anderen radikalen islamistischen Organisationen verfügen".
Ban schlägt Untersuchungsgremium vor

Ban bei einem Besuch des Gaza-Streifens im März dieses Jahres.
(Foto: picture alliance / dpa)
Angesichts weiterer Hilfsschiffe, die Kurs auf den Gazastreifen nehmen, betonte die israelische UN-Botschafterin Gabriella Schalev, dass Israel berechtigt sei, im Einklang mit internationalem Recht "alle notwendigen Mittel" zu nutzen, um militanten Kräften den Weg zu versperren. Schalev bezog sich in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf ein Boot aus dem Libanon, wie israelische Medien berichteten. Die "Mariam" ist jedoch noch nicht ausgelaufen.
Ban fordert eine unabhängige Ermittlung des blutigen Eingreifens gegen die "Gaza-Friedensflotte". Dass Israel den Vorfall untersuchen wolle, sei "wichtig", sagte er im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York. Er erinnerte das Land aber daran, dass der Sicherheitsrat eine "schnelle, objektive, zuverlässige und transparente Untersuchung nach internationalen Standards" gefordert habe.
"Ich habe ein internationales Gremium unter der Führung einer dritten Partei vorgeschlagen, an dem die Türkei und Israel beteiligt werden sollten", erläuterte Ban, der gleichzeitig eine Kehrtwende von Israel forderte. Er sei erfreut über Israels Ankündigung, künftig mehr Waren in die Region zu lassen. "Dennoch ist viel mehr nötig, um die Bedürfnisse der Menschen zu stillen. Deshalb rufe ich zu einem fundamentalen Wandel der Gaza- Politik auf."
Niebel reist in den Gazastreifen
Entwicklungsminister Niebel will während seiner Reise auch den Gazastreifen besuchen. "Stabile Rahmenbedingungen, die Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung in den Palästinensischen Gebieten fördern, sind notwendige Voraussetzung für eine Friedensperspektive in der Region", erklärte der Minister bei seiner Ankunft.
Seine erste Station ist das Westjordanland, wo er gemeinsam mit dem Regierungschef der Palästinenserbehörde, Salam Fayyad, am Baubeginn einer Kläranlage teilnehmen wird. Eine erste Anlage im Westjordanland wurde ebenfalls mit deutscher Hilfe vor zehn Jahren fertiggestellt.
Quelle: ntv.de, dpa