Beschluss für Grundsatzprogramm CDU will Wehrpflicht wieder einführen
07.05.2024, 14:25 Uhr Artikel anhören
"Wir leben in einem Land, dass sich im Notfall nicht gegen Aggression von außen verteidigen kann", sagte JU-Chef Johannes Winkel. Der Parteitag folgte einem Antrag der Jungen Union.
(Foto: dpa)
2011 setzt die Union die Wehrpflicht aus. Im neuen Grundsatzprogramm der Christdemokraten nun die Rolle rückwärts: Beim Parteitag stimmt eine große Mehrheit für eine schrittweise Rücknahme der Aussetzung. Damit wird eine Rückkehr zur Wehrpflicht in Deutschland wahrscheinlicher.
Angesichts der Personalprobleme der Bundeswehr positioniert sich die CDU zur Wehrpflicht neu. "Wir werden die Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurücknehmen und die Wehrpflicht in ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr überführen", heißt es in einem Beschluss des CDU-Parteitags für das geplante neue Grundsatzprogramm. "Bis zu dieser Umsetzung fordern wir zur Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr die Einführung einer Kontingentwehrpflicht." Ein Kontingentmodell sieht vor, dass die Bundeswehr selbst ihren Personalbedarf nennt. Nach der Musterung eines Jahrgangs werde dann nur ein Kontingent in der gewünschten Größenordnung eingezogen. Schweden verfügt über ein ähnliches Modell.
Damit wird eine Rückkehr zur Wehrpflicht in Deutschland wahrscheinlicher. In der Ampel-Regierung lehnen Grüne und FDP dies zwar ab. Allerdings hat sich Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD wegen der Personalprobleme der Bundeswehr dafür ausgesprochen. Der Bundestag kann die Aussetzung der im Grundgesetz verankerten Wehrpflicht mit einfacher Mehrheit zurücknehmen.
Dem Beschluss war eine längere Diskussion zur Wehrpflicht vorausgegangen. Auf dem Parteitag brachte unter anderem die Junge Union (JU) einen Änderungsantrag für eine Wehrpflicht ein. Die Antragskommission legte nach mehreren Wortmeldungen dann einen geänderten Formulierungsvorschlag vor, der mit großer Mehrheit angekommen wurde.
"Sichtbares Zeichen an Russland"
"Wir leben in einem Land, dass sich im Notfall nicht gegen Aggression von außen verteidigen kann", sagte JU-Chef Johannes Winkel. Dies sei ein unhaltbarer Zustand. "Wir dürfen die Verteidigung unserer Demokratie nicht weiter dem Prinzip Hoffnung überlassen", ergänzte er. Bei der Kontingentwehrpflicht sollen nach seinen Angaben Experten der Bundeswehr jeweils festlegen, wie hoch der Personalbedarf für ein Jahr sei. Nur wer zur Deckung des Personalbedarfs gebraucht werde, werde dann auch eingezogen.
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther hatte auf dem Parteitag ebenfalls für ein Signal zur Wiedereinführung der Wehrpflicht geworben. Dies wäre auch "ein sichtbares Zeichen an Russland" und andere, dass Deutschland auch zur Verteidigung des Landes bereit sei. Wenn Deutschland die Zeitenwende umsetzen wolle, gehöre dazu auch eine vernünftige Rekrutierung für die Bundeswehr.
Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul verwies darauf, dass die Marine nur noch 50 Prozent ihrer Stellen besetzen könne. Es nutze nichts, dass die Marine zwar irgendwann sechs U-Boote zur Verfügung habe, aber nur noch über Personal für zwei U-Boote verfüge.
Die Wehrpflicht war in Deutschland 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ausgesetzt worden. Das kam in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich. Gleichzeitig wurden praktisch alle nötigen Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst. Gesetzlich festgelegt ist aber weiter, dass die Wehrpflicht für Männer im Spannungs- und Verteidigungsfall wieder auflebt.
Quelle: ntv.de, chl/dpa/rts