Politik

"Stolz, Deutscher zu sein"Deuse stellt sich doof

30.08.2007, 16:32 Uhr

Der Mügelner Bürgermeister Gotthard Deuse (FDP) hat der rechtsgerichteten Wochenzeitung "Junge Freiheit" ein Interview gegeben. "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein", sagte er darin eineinhalb Wochen nach der Hetzjagd auf acht Inder.

Was tut ein Bürgermeister, nachdem acht Ausländer von einem Mob durch seine Stadt gejagt wurden? Da gibt es viele mögliche Antworten. Die unwahrscheinlichste ist vermutlich folgende: Er gibt der "Jungen Freiheit" ein Interview.

Mügelns Bürgermeister Gotthard Deuse (FDP) hat genau das getan. Doch damit nicht genug: "Warum dürfen nicht auch wir mal unseren Nationalstolz zeigen?", lamentiert Deuse darin. "Ich zum Beispiel bin stolz darauf, Deutscher zu sein, aber wenn ich das sage, lande ich ja schon wieder in der Ecke."

Zur Frage nach den Ursachen rechtsextremer Gewalt sagt Deuse: "Dazu möchte ich mich nicht äußern, sonst werden wieder alle Kübel über mir ausgekippt." Schuld sei "die tiefe Kluft, die bei uns zwischen Medien und Volk entstanden ist".

"Ein neues Sebnitz"

Erneut bestritt Deuse, dass die Hetzjagd auf acht Inder einen rechtsradikalen Hintergrund hatte. Er verglich Mügeln mit Sebnitz. "Was Sebnitz ausmachte, war die Vorverurteilung einer Stadt durch Medien und Politik: Urteilen, ohne die Fakten zu kennen! Diese Definition passt auch auf Mügeln, insofern sehe ich Mügeln in der Tat als neues Sebnitz."

Sebnitz war im November 2000 durch den "Fall Joseph" in die Schlagzeilen geraten. Die "Bild"-Zeitung hatte berichtet, dass der sechsjährige Joseph Kantelberg-Abdullah in einem Freibad in der sächsischen Stadt von Neonazis ertränkt worden sei. Das Thema nahm in den Medien breiten Raum ein. Tatsächlich starb Joseph jedoch an den Folgen eines Badeunfalls.

"Hätte auch deutsche Opfer besucht"

Bei der Attacke gab es 14 Verletzte: vier Angreifer, zwei Polizisten und alle acht Inder. Deuse sagte der "Jungen Freiheit", dass er die "deutschen Opfer" selbstverständlich auch im Krankenhaus besucht hätte. Aber: "Die waren da schon wieder entlassen."

Das kann schon mal vorkommen

In den vergangenen Tagen war Deuse vor allem wegen einer Äußerung in der "Financial Times Deutschland" in die Kritik geraten. "Solche Parolen können jedem mal über die Lippen kommen", sagte der Familienvater mit Blick auf die fremdenfeindlichen Rufe wie "Ausländer raus" in der Tatnacht. Später erklärte er: "Jedem, der so was vor hat, kann das über die Lippen kommen." In der "Jungen Freiheit" betonte er, dass er außerdem noch gesagt habe, "dass ich das nicht gutheiße". Dieser - für Deuse offenbar wichtige - Nachsatz sei "unterschlagen" worden.

Auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur sagte Deuse, er kenne die politische Orientierung der "Jungen Freiheit" nicht.

Selbst Niebel rückt ab

Mehrere Politiker zeigten sich entsetzt über das Interview und forderten Deuses Rücktritt. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), forderte den FDP-Chef auf, sich von seinem Parteifreund Deuse zu distanzieren. "Es ist an der Zeit, dass der Parteivorsitzende Guido Westerwelle Herrn Deuse zur Ordnung ruft und klarstellt, dass dieser nicht für die FDP spricht", sagte Edathy der "Mitteldeutschen Zeitung". Dem Bürgermeister selbst legte er den Rücktritt nahe.

Die Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag wertete das Interview als einen weiteren Beweis dafür, dass Deuse das Problem des Rassismus noch nicht begriffen habe. Bei der Linksfraktion im Sächsischen Landtag hieß es, es sei ein Skandal, dass sich ein Mandatsträger einer demokratischen Partei einer solchen Zeitung zur Verfügung stelle. "Mit diesem Interview ist Deuse endgültig als Bürgermeister untragbar geworden."

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel ging auf Distanz zu seinem Parteifreund. Deuse sei selbst dafür verantwortlich, was er wem sage. Für die FDP gelte, dass es keinerlei Relativierung von Gewalttaten und ausländerfeindlicher Gesinnung geben dürfe, sagte Niebel dem "Tagesspiegel". Vor einer Woche hatte Niebel noch behauptet, Deuses Ausspruch zu den "Ausländer raus!"-Rufen sei so nicht gefallen. Es sei daher auch nicht nötig, Deuses Aussagen zu relativieren.