Brown bricht sein Schweigen Empfang in Libyen "abstoßend"
25.08.2009, 17:39 UhrDie Begnadigung des Lockerbie-Attentäters und dessen euphorischer Empfang in Libyen sorgt weiter für Streit: Erstmals äußerte sich nun der britische Premier Brown zu dem Fall - doch auch in Italien ist man uneins, wie man mit Libyen umgehen soll.
Fünf Tage lang wurde sein Schweigen skeptisch beäugt, nun hat sich der britische Premierminister Gordon Brown erstmals selbst zur Begnadigung des Lockerbie-Attentäters geäußert. Der Empfang, den die libysche Regierung dem Attentäter in seiner Heimat geboten habe, sei "abstoßend" gewesen, sagte Brown nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Er selbst sei "wütend" darüber gewesen, dass man einem Mann, der eines "enormen terroristischen Aktes" für schuldig befunden worden sei, einen solchen Empfang bereitet habe.
Brown war stark unter Druck geraten, weil er sich bisher nicht persönlich zu dem Fall geäußert hatte. Weitere Kommentare zur Freilassung gab er allerdings nicht ab. Brown sagte, die britische Regierung habe "keine Rolle" bei der Entscheidung gespielt. Zuvor war spekuliert worden, dass wirtschaftliche Interessen Großbritanniens in Libyen die Begnadigung beeinflusst hätten. Die Entscheidung hatte für Empörung in den USA gesorgt und einen Streit zwischen Libyen, Schottland, London und Washington ausgelöst.
Italien streitet wegen Gaddafi-Ehrung
Der schottische Justizminister hatte den krebskranken Abdel Bassit Ali Mohammed al-Merahi am vergangenen Donnerstag vorzeitig aus der Haft entlassen. Er habe nur noch wenige Monate zu leben, hieß es zur Begründung. Bei dem Anschlag auf eine Maschine der US-Line PanAm über dem schottischen Ort Lockerbie im Dezember 1988 kamen 270 Menschen ums Leben - die meisten von ihnen waren Amerikaner.
Die Begnadigung des Lockerbie-Attentäters hat unterdessen auch in Italien zu Streit geführt: Geht es nach der Regierung Berlusconi, soll der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi durch die Kunstflugstaffel der Luftwaffe geehrt werden. Nach den Plänen des Verteidigungsministers Ignazio La Russa sollen die "Frecce Tricolori" am 1. September über Tripolis fliegen. Sie sind als Teil der dortigen Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Machtergreifung durch den Putschisten Gaddafi vorgesehen.
Berlusconis Reise nach Libyen kritisiert
Die linke Opposition in Italien sieht darin jedoch die Vergeudung von Steuergeldern, um einen Diktator zu ehren. Sie hat Staatspräsident Giorgio Napolitano deshalb gebeten, als oberster Chef der Streitkräfte diese Flugschau für Gaddafi zu verhindern. Die Staffel über Tripolis fliegen zu lassen, koste nicht mehr als ihr Auftritt bei einer Flugschau in Italien, meinte La Russa. Dass sie nach Tripolis eingeladen worden sei, wertete der Minister als ein wichtiges Signal dafür, dass die nordafrikanische Nation ihre Anti-Haltung gegenüber den früheren Kolonialherren abgelegt habe und nun italienische Spitzenleistungen zu würdigen wisse.
Auch ein für Sonntag angekündigter Besuch von Regierungschef Berlusconi in Libyen ist in die Kritik geraten. Mit dem Besuch wollen beide Politiker den ersten Jahrestag des Freundschaftsvertrages zwischen beiden Ländern feiern.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP