Bilanz nach einem Jahr Fußfessel hoch umstritten
25.01.2013, 16:21 Uhr
Die Fußfesseln senden Positionsdaten auf GPS oder Mobilfunkbasis.
(Foto: dpa)
Ein Jahr lang arbeitet die gemeinsame Überwachungszentrale der Länder für Träger der elektronischen Fußfessel. Insgesamt werden 37 ehemalige Straftäter überwacht. Doch die Debatte über Sinn und Nutzen dieser Maßnahme wird noch immer leidenschaftlich geführt. Dem Argument der Abschreckung stehen große Bedenken für die Resozialisierung gegenüber.
Die Zentrale für die bundesweite Überwachung von gefährlichen Ex-Straftätern mit elektronischer Fußfessel hat in ihrem ersten Jahr mehr als 30 Männer überwacht.
Die Zentrale im hessischen Bad Vilbel habe Ende Dezember 31 Menschen überwacht, die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verbüßt hätten, teilte Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn mit. Von der Zentrale in Bad Vilbel aus überwacht Hessen seit Januar 2012 im Auftrag aller Bundesländer die Fußfessel-Träger.
Insgesamt seien im vergangenen Jahr 37 Menschen überwacht worden, sagte Hahn. Gerichten ist es seit 2011 möglich, ehemaligen Straftätern eine elektronische Überwachung aufzuerlegen. Ende Dezember kamen die meisten überwachten Fußfessel-Träger aus Bayern.
Hemmnis für Resozialisierung
Die Psychologin Gunda Wößner ist jedoch der Ansicht, das ständige Tragen einer elektronischen Fußfessel könne ehemalige Straftäter brandmarken und ihnen die Wiedereingliederung in die Gesellschaft erschweren. Studien aus den USA, wo die Technik schon länger im Einsatz ist, lieferten nicht so positive Ergebnisse wie erhofft, sagte die Kriminalpsychologin vom Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht. Es handele sich um eine enorme Belastung, die Arbeitsplatz- oder die Wohnungssuche sei oft problematisch. "Die Resozialisierung kann dann schwerfallen."
Auch würden neue Verbrechen nicht hunderprozentig verhindert. "Viele Sexualstraftaten passieren im sozialen Nahraum, also in den Zonen, in denen die ehemaligen Täter sich aufhalten dürfen", so Wößner. "In diesem Einschlussbereich können potenzielle Opfer natürlich per se vorhanden sein." Zuletzt hatte ein Fall für Aufsehen gesorgt, bei dem sich ein Mann, trotz Fußfessel, an einem siebenjährigen Mädchen vergangen hatte.
Abschreckung funktioniert
Dennoch nannte der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer die Überwachung ehemaliger Gewalt- und Sexualstraftäter mit einer elektronischen Fußfessel sinnvoll. "Ich finde es richtig, was da initiiert wurde und freue mich, dass sich viele dem Konzept angeschlossen haben", sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen.
Sie biete zwar keinen vollkommenen Schutz, sagte Pfeiffer. "Es ist aber ein abschreckendes Instrument." Jeder, der nicht vollkommen betrunken sei oder im Rausch übermannt werde, überlege sich damit genau, ob er eine Straftat begehe. Mit einer elektronischen Fußfessel könnten Ex-Straftäter bei einem Rückfall auch besser überführt werden.
Durch die Fußfessel können die früheren Straftäter jederzeit geortet werden. Diese Ortung darf laut hessischem Justizministerium aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht ständig eingesehen werden, sondern nur im Alarmfall. Ein Alarm wird zum Beispiel ausgelöst, wenn die Fußfessel zerstört wird. Zudem können Zonen festgelegt werden, die nicht verlassen werden dürfen. Hahn verwies auch darauf, dass die Daten als Beweismittel verwendet werden könnten. "Dies ist eine wirksame Abschreckung", erklärte der Minister.
Hahn bezeichnete die elektronische Fußfessel als "Hilfestellung auf dem Weg in die Freiheit". Die Überwachung sei aber weder ein Allheilmittel noch ein Ersatz für eine geschlossene Unterbringung, erklärte der FDP-Politiker.
Quelle: ntv.de, dpa