Weitere NATO-Angriffe auf Tripolis Gaddafi zeigt sich im Fernsehen
12.05.2011, 06:54 UhrErstmals seit dem Tod eines Sohnes und mehrerer Enkel zeigt sich Libyens Machthaber Gaddafi im Staatsfernsehen. Er trifft Stammesführer. Unklar ist allerdings, ob die Sendung, wie angegeben, tatsächlich aktuell ist. Derweil fliegen NATO-Jets Angriffe auf Tripolis. Polens Außenminister Sikorski besucht die ostlibysche Stadt Bengasi.
Der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi ist am Mittwochabend erstmals seit etwa zwei Wochen wieder im libyschen Staatsfernsehen zu sehen gewesen. Gaddafi habe in einem Hotel in der Hauptstadt Tripolis Stammesführer getroffen, hieß es im arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. "Wir sagen der Welt: Das hier sind die Repräsentanten der libyschen Stämme", sagte Gaddafi und deutete dabei auf seine Gäste. Er trug wie üblich eine braune Robe, Hut und Sonnenbrille und saß in einem Sessel.
Unklar sei, wann die Bilder aufgenommen worden seien. Den Angaben des Staatsfernsehens zufolge sollen sie vom Mittwoch stammen. Es war der erste TV-Auftritt Gaddafis seit dem 30. April. An dem Tag kam ein Sohn des Diktators bei einem NATO-Angriff ums Leben. Das Regime hatte die Attacke als Versuch verurteilt, Gaddafi zu töten.
NATO-Kampfflugzeuge flogen derweil in der Nacht offenbar wieder Luftangriffe auf Ziele in Tripolis. Laut Augenzeugen wurde die Stadt von mehreren Kampfjets überflogen. Kurz darauf seien vier Explosionen im Bereich von Bab al Asisija zu hören gewesen, wo sich die Residenz von Gaddafi befindet. Zwei Rauchwolken stiegen auf, anschließend waren Sirenen und Gewehrfeuer zu hören.
Rebellen verschaffen sich Luft
Nach tagelangen Kämpfen nahmen die Aufständischen das Flughafengelände am Südrand der belagerten westlibyschen Stadt Misrata ein. Unterstützt von anderen Rebellenverbänden drängten die Milizen die Truppen Gaddafis zurück, wie ein Sprecher des Übergangsrates in Bengasi mitteilte.
Die EU will "so rasch wie möglich" ein Büro in der Aufständischen-Stadt Bengasi eröffnen. Damit wolle die EU den nationalen Übergangsrat der Rebellen unterstützen, sagte die Außenbeauftragte Catherine Ashton vor dem Europaparlament in Straßburg. Nach Angaben von EU-Diplomaten in Brüssel soll das Büro keinen diplomatischen Status haben, sondern "auf technischer Ebene" arbeiten. Hauptaufgabe sei es, sich um die humanitären Bedürfnisse zu kümmern. Dazu zählten Kontakte zur Zivilgesellschaft, aber auch Hilfen beim Aufbau demokratischer Strukturen.
Das Büro, über dessen Größe und personelle Ausstattung noch nicht entschieden sei, sei auch "ein wichtiges Zeichen der Solidarität", hieß es. Die humanitäre Hilfsorganisation der EU (Echo) hat bereits seit Beginn der Libyenkrise ein Büro in Bengasi.
Sikorski in Bengasi
Der polnische Außenminister Radislaw Sikorski äußerte bei einem Besuch in Bengasi die Unterstützung der Europäer für den oppositionellen Nationalen Übergangsrat. "Wir erkennen den Rat als legitimen Gesprächspartner der internationalen Gemeinschaft und als Vertreter der demokratischen Bestrebungen des libyschen Volkes an", sagte Sikorski. Der Vizepräsident des Nationalen Übergangsrats, Abdul Hafis Ghoga, sagte, dies bedeute nicht die Anerkennung des Rats durch Polen. Demnach haben bisher nur Frankreich, Italien, Katar und Gambia den Rat als legitime Regierung Libyen anerkannt.
Die Vereinten Nationen (UN) hatten Mitte März ein generelles Flugverbot über Libyen verhängt. Die Bedeutung des Flughafens von Misrata ist daher eher militärisch-strategischer Natur. Die Stadt 210 Kilometer östlich von Tripolis ist die stärkste Bastion der Regimegegner in dem weitgehend vom Gaddafi-Regime kontrollierten Westen Libyens. Sie wird seit mehr als zwei Monaten von den Gaddafi-Truppen belagert. Mit dem Vorstoß zum Flughafengelände konnten die Aufständischen den Belagerungsring lockern.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP