Politik

De Maizière soll die Wogen glätten Gaddafis Armee vermint Leichen

Dieses Regierungsgebäude in Tripolis war am Ostermontag Ziel der NATO-Angriffe. Libysche Regierungsvertreter begutachten die Schäden.

Dieses Regierungsgebäude in Tripolis war am Ostermontag Ziel der NATO-Angriffe. Libysche Regierungsvertreter begutachten die Schäden.

(Foto: AP)

Die Enthaltung Deutschlands in der Libyen-Frage hat international für Irritationen gesorgt. Verteidigungsminister de Maizière will die Debatte nun beenden. Heute ist er bei den Vereinten Nationen zu Besuch. Die NATO lässt derweil keinen Zweifel daran aufkommen, Gaddafis Kommandostrukturen zu zerstören. Dessen Truppen bereiten offenbar eine neue Offensive vor.

Die Truppen des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi bereiten sich nach Einschätzung der Rebellen auf eine neue Offensive im Osten vor. So seien inzwischen in der Ortschaft Al-Brega 2000 bis 3000 Soldaten stationiert worden. Diese hätten Raketen und andere schwere Waffen in Tunneln versteckt, um sie vor möglichen Luftangriffen durch die NATO zu schützen. An der Front, die schon seit Wochen zwischen Al-Brega und Adschdabija liegt, hätten sie Minen an Leichen angebracht.

Die NATO will die Kommandozentralen Gaddafis zerstören

Die NATO will die Kommandozentralen Gaddafis zerstören

(Foto: REUTERS)

Zuvor hatte die NATO angekündigt, ganz gezielt Paläste, Hauptquartiere und Kommandozentralen in Libyen angreifen zu wollen, die Gaddafi benutzt, um sich weiter an die Macht klammern zu können. Das berichtet die "New York Times" unter Berufung auf Mitarbeiter der Regierung von US-Präsident Barack Obama und NATO-Beamte. Es gelte, "die Möglichkeiten der Regierung zu vermindern, Zivilisten Schaden zuzufügen".

Beamte des Weißen Hauses bestätigten der Zeitung, dass Obama über die "energischere Bombardierung" informiert worden sei. Dazu habe bereits der Angriff auf den Komplex in der Hauptstadt Tripolis gehört, in dem Gaddafi residiert. Dieser Luftschlag habe aber nicht zum Ziel gehabt, Gaddafi zu töten, erklärten US-Beamte.

De Maizière um Schadensbegrenzung bemüht

Die umstrittene Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über den Militäreinsatz in Libyen wird heute noch einmal Thema sein beim Antrittsbesuch von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière bei den Vereinten Nationen in New York.  Der CDU-Politiker dürfte sich bemühen, nach den jüngsten Spannungen die Wogen im Verhältnis zum wichtigsten Verbündeten zu glätten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte sich bei der Entscheidung über den Militäreinsatz in Libyen im UN-Sicherheitsrat als einziger westlicher Vertreter enthalten und damit den Ärger der Partner auf sich gezogen.

De Maizière soll den Ärger der Verbündeten auffangen.

De Maizière soll den Ärger der Verbündeten auffangen.

(Foto: dapd)

Die Opposition forderte de Maizière auf, sich in den USA um Schadensbegrenzung zu bemühen. "Die ganze demokratische Welt schaut verwundert auf die deutsche Sonderrolle", sagte der SPD-Politiker Gernot Erler der "Leipziger Volkszeitung". Er erwarte von de Maizière, dass er dafür sorge, dass keine weitere Verstimmung mit den USA entstehe und Schadensbegrenzung betrieben werde.

"Deutschland steht in der Bringschuld gegenüber den Vereinten Nationen", sagte der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour der Zeitung. De Maizière müsse in seinen Gesprächen mit Generalsekretär Ban Ki-Moon und der US-Regierung klarmachen, dass die Enthaltung im UN-Sicherheitsrat nicht bedeute, dass Deutschland in Menschenrechtsfragen dauerhaft an der Seite von Russland und China stehe.

Vor allem Deutschlands enger Partner Frankreich hatte den Militäreinsatz in Libyen energisch vorangetrieben. Auch US-Außenministerin Hillary Clinton äußerte sich indirekt enttäuscht über die Haltung Deutschlands.

Deutscher Hilfseinsatz derzeit nicht gefordert

De Maizière selbst forderte ein Ende der Debatte. "Irgendwann einmal sollte die Diskussion zu Ende sein", mahnte er. Er selbst wolle jedenfalls bei seinem zweitätigen Besuch in New York und Washington keinen Beitrag dazu leisten.

Gaddafi ist nach Angaben der NATO nicht das Ziel der Angriffe.

Gaddafi ist nach Angaben der NATO nicht das Ziel der Angriffe.

(Foto: Reuters)

Zudem rechne er vorerst nicht mit einem humanitären Einsatz der Bundeswehr in Libyen, da sowohl Gaddafis Truppen als auch die Rebellen Hilfslieferungen passieren ließen, sagte de Maizière in New York. Selbst die umkämpfte Stadt Misrata, wo schreckliche Bedingungen herrschten, könne weiter mit Hilfsgütern beliefert werden.

Der Hafen von Misrata ist in der Hand der Rebellen. Dort legen Schiffe an, die Lebensmittel bringen und Verletzte aufnehmen. Nach wie vor komme es aber zu Übergriffen auf die Zivilbevölkerung, sagte der Kommandeur des NATO-Einsatzes, General Charles Bouchard, in Neapel. "Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht sehe, wie Gaddafis Truppen mit Gewalt gegen Männer, Frauen und Kinder vorgehen."

Auch in der libyschen Hauptstadt Tripolis verschlechtert sich die Versorgungslage zusehends. Bewohner erklärten, Benzin und bestimmte Nahrungsmittel würden knapp. Die Lebensmittelpreise seien in den vergangenen Tagen stark gestiegen.

Chávez sucht nach diplomatischer Lösung

Gaddafi entsandte eine Delegation nach Venezuela, um zusammen mit der Regierung des linkspopulistischen Präsidenten Hugo Chávez Chancen für eine diplomatische Lösung des Konflikts auszuloten. Chávez, ein Verbündeter Gaddafis, sagte im Radio und Fernsehen des Landes, die Delegation sei in Venezuela, um internationale Unterstützung für einen friedlichen Ausweg zu finden. Chávez nannte die NATO-Angriffe auf Libyen einen "Irrsinn".

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts

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