"Das ist ein Lügenstaat" Geburtstagsparty im Kosovo
17.02.2009, 15:21 UhrAlbaner und Serben im Kosovo haben den ersten Jahrestag der Unabhängigkeit des jüngsten europäischen Staates sehr gegensätzlich begangen. Während Hunderttausende Albaner ausgelassen in den Straßen feierten und ihre Politiker gemeinsam mit ausländischen Botschaftern die Sektkorken knallen ließen, demonstrierten die Serben Stärke. Zahlreiche Abgeordnete des Parlaments des Nachbarstaates Serbien trafen sich bei der Kosovo-Stadt Mitrovica zu einer Sondersitzung, um die Unabhängigkeit dieser früheren serbischen Provinz aus ihrer Sicht für null und nichtig zu erklären.
"Das war ein historischer Moment nach so viel Arbeit und Opfern, die eine ganze Reihe von Generationen erbracht haben", sagte Staatschef Fatmir Sejdiu bei einer Sondersitzung des Kosovo-Parlaments in Pristina: "Damit wurde ein schwieriges Kapitel unserer Geschichte mit so viel menschlichem Leid und Verwüstung geschlossen." Der kosovarische Präsident kritisierte die Haltung Serbiens, das die Unabhängigkeit des Kleinstaats weiterhin ablehnt. "Gedanken von Konflikt und Hass beherrschen weiterhin die Köpfe und Institutionen in Serbien", sagte Sejdiu vor den Abgeordneten. "Heute ist der Geburtstag von uns allen", jubelte auch Regierungschef Hashim Thaci. "Das ist der erste Jahrestag unseres stolzen, unabhängigen und freien Landes".
"Das ist ein Lügenstaat"
In der Nähe der Serben-Hochburg Mitrovica im Norden Kosovos traten viele Abgeordnete aus der früheren "Mutterrepublik" Serbien gemeinsam mit den Parlamentariern ihrer Kosovo-Landsleute zusammen. Die nationalistische Opposition war fast geschlossen vertreten. Von den Regierungsparteien waren nur vereinzelt Abgeordnete aus Belgrad angereist. Damit solle bewiesen werden, dass Kosovo nach wie vor zu Serbien gehört, begründeten viele Spitzenpolitiker in Belgrad die Sitzung in dem eigentlich souveränen Kosovo-Staat. "Das ist ein Lügenstaat", den wir niemals anerkennen werden, hieß es in allen Medien in Belgrad.
Ursprünglich war geplant worden, das gesamte Parlament aus Belgrad in das Kosovo zu bringen. Die Regierung hatte offenkundig auf Druck der USA und der EU davon Abstand genommen und nur den Kosovo-Parlamentsausschuss offiziell nach Mitrovica geschickt. Der Norden des Kosovo wird mehrheitlich von Serben bewohnt, die sich der Kontrolle der Regierung in Pristina entziehen. Die dortigen Serben hatten das Parlament aus Belgrad eingeladen, um zu beweisen, dass Kosovo nach wie vor zu Serbien gehört. Der junge Staat ist inzwischen von 54 Ländern anerkannt, darunter die USA, die große EU-Mehrheit und Japan.
Große wirtschaftliche Probleme
Das Kosovo steht nach dem ersten Jahr seines Bestehens zudem vor weiteren großen Problemen. Neben den ethnischen Konflikten hat die Regierung des jüngsten europäischen Staates auch mit einer am Boden liegenden Wirtschaft zu kämpfen. Der Zwergstaat ist eines der ärmsten Länder Europas. Seit vergangenem Dezember unterstützen 1900 europäische Polizisten, Justiz- und Zollbeamte, darunter rund 120 Deutsche, die Regierung in Pristina bei der Schaffung rechtsstaatlicher Strukturen.
Quelle: ntv.de