Interview mit Werner Hoyer "Klar, Obama ist ein Linker"
30.04.2008, 00:01 UhrUnter den Wählern in Deutschland hätte Barack Obama seine Mehrheit sicher. Aber wäre Obama auch aus europäischer oder deutscher Perspektive der bessere Präsident? Fragen an den außenpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Werner Hoyer.
n-tv.de: Herr Hoyer, wer würde US-Präsident, wenn es nach Ihnen ginge?
Werner Hoyer: Das kommt darauf an, was man für das zentrale Problem des transatlantischen Verhältnisses hält. Wenn man eine Checkliste mit den zehn wichtigsten Themen zusammenstellt, die in den nächsten drei Jahren angegangen werden müssen, und wenn man dann fragt, mit wem es am einfachsten wäre, diese Themen abzuarbeiten, dann spricht durchaus einiges für John McCain. Den kennen wir, den können wir kalkulieren. Die meisten Politiker, die in Deutschland auf dem Gebiet handeln, kennen ihn auch persönlich. McCain wäre in der Handelspolitik nicht so sperrig wie die beiden anderen. Und in Afghanistan werden ohnehin alle mit großen Erwartungen auf uns zukommen - kurzum: wenn wir der Checkliste folgen, müssen wir sagen, das wird mit Obama ganz schön schwierig.
Und mit Hillary Clinton?
Was die Schwierigkeiten angeht, liegt sie in etwa zwischen McCain und Obama. Aber das ist für mich gar nicht das entscheidende Leitmotiv. Ich bin so ein in der Wolle gewirkter Transatlantiker, dass ich sage, dieses transatlantische Verhältnis hält nicht weitere vier oder acht Jahre Neokonservativismus aus. Jetzt kommt es darauf an, mal wieder zu gucken, ob man eigentlich einigermaßen gleich tickt, ob das gemeinsame Wertefundament noch da ist.
Aber das wäre doch mit McCain auch kein Problem, oder?
Da bin ich anderer Meinung. McCain ist natürlich ein anderes Kaliber als Cheney, insofern kann man nicht sagen, eine McCain-Regierung wäre die schlichte Fortschreibung der Cheney/Bush-Regierung. Aber gerade weil McCain bei den Konservativen so große Widerstände überwinden muss, wird er ganz besonders darauf achten, den Kurs eher fortzusetzen als einen neuen zu beginnen. Und das wäre schwierig. Wenn man meint, man müsste die aufgeklärten, rechtsstaatlichen Demokratien des Westens wieder zusammenführen, dann wäre jemand wie Obama sicherlich die bei weitem interessanteste Lösung.
Ist Obama Ihnen denn nicht zu links?
Unabhängig von seiner Wahlkampfrhetorik wird Obama sicherlich eine Herausforderung für uns darstellen. Das wird sich beispielsweise in der Handelspolitik niederschlagen. Obama würde zum Schutz amerikanischer Arbeitsplätze weitgehende Beschränkungen des Freihandels ansteuern. Da ist Musik drin, das kann unangenehm werden. Aber wie gesagt, die Grundsätze des transatlantischen Verhältnisses sind jetzt wichtiger. In Europa hat man doch sehr stark den Glauben an die Attraktivität des amerikanischen Modells verloren. Und da ist in den letzten Jahren ja auch enorm viel den Bach runtergegangen. Allein die Gesetzgebung auf dem Gebiet der inneren Sicherheit, die hier teilweise nachvollzogen wurde; Rot-Grün hat ja eine ganze Serie von Gesetzen präsentiert, die in den USA abgekupfert wurden. Klar, Obama ist ein Linker. Aber er ist auch einer, der in Kategorien von Rechtsstaatlichkeit denkt und für den eine so katastrophale Fehlentscheidung wie der Irak-Krieg kein kleiner Missgriff der Geschichte ist, sondern ein strategischer Fehler von enormer Langzeitwirkung. Er ist jemand, dem das Völkerrecht etwas bedeutet, für den Abu Ghuraib oder Guantnamo Bay nicht zu akzeptieren sind. Das sind alles Dinge, die im Moment viel wichtiger sind als die Frage, ob man in Sachfragen hart aneinander geraten kann.
Mit Werner Hoyer sprach Hubertus Volmer
Quelle: ntv.de