Politik

NATO-Einsatz endet Montag Libyer entdecken Senfgas

In der Wüste wurden noch mehr Behälter mit chemischem Inhalt gefunden. Was genau, ist aber noch unbekannt.

In der Wüste wurden noch mehr Behälter mit chemischem Inhalt gefunden. Was genau, ist aber noch unbekannt.

(Foto: AP)

In der libyschen Wüste stoßen die neuen Machthaber auf das berüchtigte Senfgas Gaddafis. Die chemischen Kampfstoffe wurden während des Krieges offenbar nur nicht eingesetzt, weil die technischen Möglichkeiten fehlten. Derweil beschließt die NATO, ihren Einsatz in Libyen am Montag offiziell zu beenden.

Die neuen libyschen Machthaber haben große Mengen chemischer Kampfstoffe entdeckt, die Muammar al-Gaddafi in der Wüste versteckt haben soll. Es handele sich um eine Tonne Senfgas, die in einem Gebiet südlich der Stadt Al-Dschufra lagere, berichtete die libysche Zeitung "Qurayna al-Jadida" unter Berufung auf einen Oberst der Armee. Allerdings hätte Gaddafi das giftige Gas in seinem Krieg gegen die Revolutionstruppen nicht einsetzen können, da ihm dafür die technischen Möglichkeiten gefehlt hätten.

Derweil hat die NATO das Ende ihres Militäreinsatzes beschlossen. Der Einsatz endet am kommenden Montag, teilte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mit. "Unsere militärische Arbeit ist jetzt erledigt", schrieb er auf Twitter.

Am Montag läuft auch das Mandat der Vereinten Nationen aus, auf das sich die NATO seit sieben Monaten stützte. Dieses Mandat erlaubte "alle nötigen Maßnahmen" zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung vor Übergriffen der Truppen von Gaddafi sowie eine Seeblockade und eine Flugverbotszone. An dem Einsatz hatten insgesamt 16 Staaten aktiv teilgenommen, davon 12 NATO-Mitglieder. Der NATO-Rat bestätigte nun eine bereits vor einer Woche gefasste vorläufige Entscheidung. Allerdings hatte die libysche Übergangsregierung darum gebeten, den Einsatz bis zum Jahresende oder aber mindestens um einen Monat zu verlängern.

Fairer Prozess für Gaddafi-Sohn

Kinder in Libyen spielen auf einem Panzer.

Kinder in Libyen spielen auf einem Panzer.

(Foto: REUTERS)

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) stellt dem flüchtigen Gaddafi-Sohn Saif al-Islam Schutz und einen fairen Prozess in Aussicht. Sollte sich der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Al-Islam freiwillig stellen wollen, werde der Gerichtshof dabei Hilfestellung leisten, ließ Staatsanwalt Luis Moreno-Ocampo mitteilen. Zugleich bestätigte er indirekte Kontakte der Anklagevertretung mit Mittelsmännern des Gaddafi-Sohns. Einzelheiten zu diesen "informellen Gesprächen" nannte Moreno-Ocampo nicht.

Nach unbestätigten Medienberichten soll sich Saif al-Islam, dem der Chefankläger Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirft, im westafrikanischen Land Niger aufhalten und möglicherweise versuchen, das benachbarte Mali zu erreichen. "Der IStGH sucht nach Möglichkeiten, Flugzeuge in bestimmten Ländern bereit zu halten, wo eine Festnahme erfolgen kann", zitierte die niederländische Nachrichtenagentur ANP den Chefankläger. Moreno-Ocampo sagte dem Sender CNN, er glaube, ausreichend Beweise für schwere Verbrechen gegen Saif al-Islam zusammengetragen zu haben.

UN will Waffenkontrollen

Mit einer neuen Resolution wollen die Vereinten Nationen Libyen jetzt zu einer stärkeren Kontrolle der vielen Waffen im Land drängen. Den 15 Mitgliedern liegt ein Resolutionsentwurf Russlands vor, der die Übergangsregierung in Tripolis auffordert, die Waffen im Land zu erfassen, einzusammeln oder zu zerstören. Möglicherweise kommt der Entwurf noch heute zur Abstimmung. Grundsätzlich sind sich die 15 Ratsmitglieder einig.

Die Resolution soll die Libyer auffordern, sämtliche chemischen Waffen im Land zu erfassen und sich mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag abzustimmen. Ziel sei die Vernichtung der Waffen und auch ihrer Grundstoffe.

Als letztes fiel Gaddafis Heimatstadt Sirte in die Hände der Rebellen.

Als letztes fiel Gaddafis Heimatstadt Sirte in die Hände der Rebellen.

(Foto: AP)

Um die Isolation Libyens zu beenden, hatte Gaddafi 2003 die Vernichtung aller von ihm gehorteten Massenvernichtungswaffen versprochen. Experten hatten jedoch vermutet, dass er auch danach noch mehrere Tonnen Senfgas besaß. Das scheint sich mit dem Fund in der Wüste nun zu bestätigen.

Besondere Sorgen bereiten den Staaten Kleinst-Flugabwehrraketen, die von der Schulter abgefeuert werden können. Bekannt sind die amerikanischen "Stinger" oder die russischen "Strela". In Libyen soll es sie zu Tausenden geben. Der Resolutionsentwurf fordert, den Schmuggel dieser Raketen zu verhindern.

Deutschland nimmt Verletzte auf

Deutschland, das sich nicht an dem Einsatz beteiligt hatte, nimmt nach Informationen der "Financial Times Deutschland" mehr libysche Kriegsverletzte auf als zunächst angekündigt. In den kommenden Wochen sollen mehrere hundert zur Behandlung nach Deutschland geholt werden, berichtet die Zeitung. Wirtschaftsminister Philipp Rösler hatte bei einem Besuch in Tripolis vor zwei Wochen die Behandlung von bis zu 150 Verletzten in Deutschland zugesagt.

Es gehe nach dem Sturz Gaddafis darum, "schnelle und praktische Hilfe zu leisten, um einen demokratischen Wiederaufbau Libyens voranzutreiben", sagte Außenminister Guido Westerwelle. Zu der Solidarität gehöre neben Unterstützung beim Aufbau des Gesundheitssystems auch die Versorgung Verwundeter. US-Außenministerin Hillary Clinton und US-Verteidigungsminister Leon Panetta kündigten an, in US-Krankenhäusern würden vorerst 30 Verletzte aus Libyen aufgenommen.

Gaddafi wurde am 20. Oktober in Sirte getötet, am Sonntag proklamierte der Übergangsrat die vollständige "Befreiung" des Landes.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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