"Illegaler Akt von Abspaltung" Maßnahmenpaket gegen Kosovo
15.02.2008, 13:05 UhrSerbien hat ein Paket von Maßnahmen erarbeitet, die nach der für Sonntag erwarteten Unabhängigkeitserklärung der Kosovo-Albaner umgesetzt werden sollen. Vor einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats am Donnerstag sagte Außenminister Vuk Jeremic, ein Einsatz des Militärs sei dabei ausgeschlossen. Sein Land werde aber alle wirtschaftlichen, politischen und diplomatischen Mittel nutzen, um eine Loslösung der südserbischen Provinz zu verhindern. "Die serbische Republik kann einen solch illegalen Akt von Abspaltung nicht tolerieren", sagte Jeremic. Die Sitzung der Sicherheitsrates hatte Russland einberufen, das Serbien in seiner Ablehnung der Eigenständigkeit des Kosovo unterstützt.
Die drohende Gefahr für die Souveränität und territoriale Integrität Serbiens würde allen Prinzipien internationalen Rechts zuwiderlaufen, warnte Jeremic. "Lassen sie mich eine Sache vollkommen klarstellen: Die Republik Serbiens wird eine Verletzung seiner territorialen Integrität niemals tolerieren. Wir werden die Unabhängigkeit des Kosovo niemals anerkennen. Wir werden nicht nachgeben", sagte der serbische Außenminister.
Auch Serbiens Präsident Boris Tadic hat sich erneut gegen die Unabhängigkeit der abtrünnigen Provinz Kosovo ausgesprochen. Er habe zwei Ziele als Präsident: den Kampf für "unser Kosovo" und Serbiens Mitgliedschaft in der EU. Das sagte der vor kurzem wiedergewählte Präsident bei seiner Vereidigung vor dem Parlament in Belgrad.
Diplomatischer Druck auf die EU
Um welche Maßnahmen es sich handelt, ließ Jeremic offen. Dies sei ein Staatsgeheimnis, sagte er. Die staatliche serbische Nachrichtenagentur Tanjug meldete, dass die serbischen Botschafter in Deutschland, Frankreich und Großbritannien unter Protest ihre Posten verlassen würden, sollten die drei Staaten die Unabhängigkeit des Kosovo am Montag anerkennen. Zudem wird wohl damit gerechnet, dass die Stromzufuhr unterbrochen wird.
Es wird damit gerechnet, dass die Regierung der fast nur noch von Albanern bewohnten serbischen Provinz ihre Unabhängigkeit am kommenden Sonntag verkünden wird.
Geld für Stromimporte
Die Kosovo-Albaner haben bereits Geld für Stromimporte zur Seite gelegt, damit die Unabhängigkeit ohne größere Störungen gefeiert werden kann. Unklar ist, wie sich das Verhältnis Serbiens zur EU weiter gestalten wird. Serbiens Präsident Boris Tadic tritt für eine EU-Annäherung an, auch wenn das Kosovo eigenständig wird - ein Schritt, den Ministerpräsident Vojislav Kostunica ablehnt.
Die Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats hatte wie erwartet nicht zu einer Lösung geführt. "Dieser Rat ist blockiert, wie vorher", sagte der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Alejandro Wolff. Der amtierende Ratspräsident Ricardo Alberto Arias sagte, die Dringlichkeitssitzung habe "keine echte Überraschung" in den festgefahrenen Positionen gezeigt. Ein gemeinsames Vorgehen des UN-Gremiums sei nicht zu erwarten. "Die Entscheidung, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen, liegt bei den Mitgliedsstaaten selbst", so Arias. Eine weitere Debatte zum Kosovo sei nicht geplant. Allerdings wurde nicht ausgeschlossen, dass Russland in den kommenden Tagen ein weiteres Treffen einberufen wird.
Die USA und die meisten Mitglieder der EU unterstützen die Kosovo-Albaner und haben angekündigt, den neuen Staat aus der Erbmasse Jugoslawiens umgehend anzuerkennen.
Auch die Türkei hat inzwischen erklärt, sie wolle eine Unabhängigkeitserklärung des Kosovo binnen 48 Stunden anerkennen. Entsprechende Zusagen seien dem Präsidenten der Provinz, Fatmir Sejdiu, bei einem Besuch in Ankara in der vergangenen Woche gemacht worden, berichtete die türkische Tageszeitung "Zaman" unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten türkischen Regierungsvertreter. Die Türkei wolle allerdings nicht der erste Staat sein, der die Unabhängigkeitserklärung anerkannt.
Russland kündigt Auswirkungen in Georgien an
Russland hat unterdessen bei einer Unabhängigkeit des Kosovo mit einem Nachspiel in den abtrünnigen Regionen Georgiens gedroht. "Die Erklärung und Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo wird Russland dazu zwingen, seine Strategie bei Abchasien und Süd-Ossetien anzupassen", zitierte die Nachrichtenagentur Interfax das Außenministerium in Moskau. Nähere Informationen waren zunächst nicht zu erhalten, wie diese veränderte Strategie aussehen könnte.
Russland hatte seine Ablehnung der Loslösung der Provinz von Serbien damit begründet, dass damit ein Präzedenzfall für andere separatistische Bewegungen geschaffen werde. Offen blieb zunächst, ob Russland Süd-Ossetien und Abchasien diplomatisch anerkennen will. Beide Regionen hatten sich in den 90er Jahren nach Kämpfen von Georgen abgespalten, ihre Unabhängigkeit ist international aber nicht anerkannt.
Das Kosovo, das in etwa so groß wie Schleswig-Holstein ist, wird seit dem Krieg 1999 von den UN verwaltet und von der Nato abgesichert. Auch Bundeswehrsoldaten sind in der Region stationiert. Vor allem rund um die Enklaven der serbischen Minderheit verschärften die etwa 16.000 Nato-Soldaten ihre Sicherheitsvorkehrungen, um für etwaige Gewaltausbrüche gerüstet zu sein. Unter den etwa zwei Millionen Albanern in der Region leben ungefähr 120.000 Serben.
Quelle: ntv.de