Streit um Mietmarkt eskaliert Schwedens Regierung droht das Aus
17.06.2021, 16:58 Uhr
Ministerpräsident Stefan Löfven führt eine Minderheitsregierung und ist auf die Stimmen anderer Parteien angewiesen.
(Foto: picture alliance / TT NYHETSBYRÅN)
Es ist eine bislang ausgeschlossene Koalition, die das Ende für die schwedische Regierung bedeuten könnte. Wegen der aus ihrer Sicht andauernden Angriffe auf das schwedische Modell will die Linke zusammen mit den Rechten für die Absetzung von Ministerpräsident Löfven stimmen.
Schwedens Minderheitsregierung könnte nächste Woche gestürzt werden. Die Linkspartei, bisher ein regelmäßiger Unterstützer der Regierung aus Sozialdemokraten und Grünen, kündigte aus Protest gegen einen Plan zur Liberalisierung des regulierten Mietmarktes ein Misstrauensvotum an. Die Regierung habe nicht wie gefordert, binnen 48 Stunden ihre umstrittenen Pläne für eine Lockerung der Mietpreiskontrolle bei neu gebauten Wohnungen aufgegeben oder eine Überarbeitung in Aussicht gestellt, erklärte Parteichefin Nooshi Dadgostar. In der Folge brachte die rechtsextreme Partei der Schwedendemokraten einen entsprechenden Antrag ein, den auch Rechtsliberale und Christdemokraten unterstützten.
Der Parlamentspräsident bestätigte, dass ein Misstrauensvotum am Montag um 10.00 Uhr angesetzt wurde. Eine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Partei hatten die Linken in der Vergangenheit abgelehnt. "Die Linkspartei hat kein Vertrauen mehr in den Ministerpräsidenten", sagte die Vorsitzende Dadgostar. Ihre Partei werde Unterstützung für ein Misstrauensvotum suchen. Die Rechtsextremen stellten daraufhin den Misstrauensantrag. Zuvor war aus Kreisen der Linken laut Nachrichtenagentur TT verlautet, sollten die Schwedendemokraten einen eigenen Misstrauensantrag stellen, könnte die Linkspartei dafür stimmen. Die Linke selbst braucht die Unterstützung von mindestens einer weiteren Partei.
Sollten die vier Parteien - Linke, Schwedendemokraten, Rechtsliberale und Christdemokraten - gemeinsam stimmen, würde dies die Minderheitsregierung des sozialdemokratischen Regierungschefs Stefan Löfven zu Fall bringen. "Es gibt jetzt eine Mehrheit im Parlament, die den Ministerpräsidenten absetzen will", sagte der Fraktionsvorsitzende der Schwedendemokraten, Henrik Vinge. Sollte ein Misstrauensvotum Erfolg haben, könnten Neuwahlen ausgerufen oder eine Übergangsregierung berufen werden.
Justizminister um Rettung der Regierung bemüht
"Das ist verantwortungslos", reagierte darauf Ministerpräsident Löfven, der seit 2014 im Amt ist. Seine aktuelle Mitte-Links-Regierung war nach den Parlamentswahlen im September 2018 aus viermonatigen Verhandlungen hervorgegangen. Sie verfügt nur über 116 der insgesamt 349 Sitze und ist auf die Unterstützung sowohl der Linken als auch von zwei kleinen Mitte-Rechts-Parteien angewiesen. Nächster regulärer Wahltermin ist erst im nächsten Jahr.
Bislang konnte sich Löfven regelmäßig auf die Stimmen der Linkspartei verlassen. Der frühere Gewerkschaftsboss hatte sich schon vor Beginn seiner zweiten Amtszeit in einer Haushaltsvereinbarung mit der Zentrumspartei, den Liberalen und den Grünen unter anderem darauf verständigt, das Immobilienrecht zu lockern.
In den vergangenen Monaten protestierten die Linken aber häufiger gegen Regierungspläne, etwa gegen Lockerungen beim Kündigungsschutz. Die Liberalisierung des Mietmarktes prangern sie als Angriff auf das schwedische Sozialmodell an. Am Dienstag hatte die Linkspartei die Regierung ultimativ zu Verhandlungen über die geplante Lockerungen der Mietpreisbremse mit dem schwedischen Mieterbund aufgefordert.
Zuletzt versuchte die Regierung die Krise noch zu entschärfen: Justizminister Morgan Johansson sagte TT, der Mieterbund, die Vereinigung der Immobilieneigentümer und die Wohnungsbehörden seien zum Dialog über die umstrittenen Pläne eingeladen worden.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/rts