"V2-Syndrom der Deutschen"? Strack-Zimmermann bietet Kanzleramtschef Waffenkunde an
15.10.2022, 09:54 Uhr
Eine "Wunderwaffe" für die Unterstützer der Ukraine? Ein "Leopard 2" der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz Wildflecke.
(Foto: IMAGO/Björn Trotzki)
Ist der Ruf nach "Leopard 2"-Panzern vergleichbar mit der Hoffnung der Nazis auf ihre "Wunderwaffe" V2? So sieht es offenbar Kanzleramtschef Schmidt. FDP-Politikerin Strack-Zimmermann nennt den Nazi-Vergleich "völlig deplatziert" und "schlichtweg falsch". Auch von CDU-Chef Merz kommt Kritik.
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat den Nazi-Vergleich von Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt im Ringen um eine Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine kritisiert. "Ich biete Wolfgang Schmidt kollegial an, ihn mal in die kleine Waffenkunde einzuführen. Dann würde er auch schnell merken, dass nicht nur der Vergleich mit NS-Waffen völlig deplatziert, sondern auch schlichtweg falsch ist", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses.
Schmidt hatte am Donnerstag bei einer Diskussionsveranstaltung in Berlin die Regierungsposition verteidigt, der Ukraine keine Kampfpanzer für den Abwehrkampf gegen Russland zu liefern. Unter anderem verglich der SPD-Politiker dabei die Rufe nach deutschen "Leopard"-2-Panzern mit Hoffnungen, die in Nazi-Deutschland in die von der Propaganda als "Wunderwaffe" bezeichnete V2-Rakete gesetzt wurden.
"Ich bin manchmal versucht, es das V2-Syndrom der Deutschen zu nennen", sagte Schmidt - dass es eine Wunderwaffe gebe, die wie Magie dafür sorge, dass Dinge sich erledigten. "Und jetzt ist der Leopard 2 (...) diese Wunderwaffe, die den Krieg beenden wird. Und das wird er nicht." Nach dem NS-Sprachgebrauch steht V2 für Vergeltungswaffe 2 und wurde von Nazi-Deutschland vielfach gegen zivile Ziele eingesetzt.
Kritik an dem Nazi-Vergleich kam auch von der Opposition. "Was geht eigentlich im Kopf dieses Mannes vor, einen solchen Vergleich zu ziehen, der Leopard sei das V2-Syndrom der Deutschen", sagte CDU-Chef Friedrich Merz beim Landesparteitag der Südwest-CDU in Villingen-Schwenningen. Solche Äußerungen schürten Zweifel in Europa und der ganzen Welt an der Klarheit und Zuverlässigkeit der deutschen Politik. Merz forderte Kanzler Olaf Scholz von der SPD auf, klarzustellen, dass es nicht das Denken der Bundesregierung sei, einen solchen "Unsinn" weiterzugeben.
Die Osteuropa-Historikern Franziska Davies hatte zuvor ebenfalls die Äußerungen des Kanzleramtschefs kritisiert. "Die Forderungen nach westlichen Panzern als "V2-Syndrom" (diese Analogie zu den Waffen NS-Deutschlands ist unangemessen) und Ausdruck von geistiger Unreife ("Teenager") zu diskreditieren ist eine Umkehrung der Debatte", schrieb sie auf Twitter. Auch sei es "etwas verstörend", sich darüber Sorgen zu machen, wie Panzer in Russland ankommen könnten und was die russische Propaganda daraus machen könnten. "Russland sieht sich längst im Krieg mit der NATO."
Quelle: ntv.de, ghö/dpa