Unabhängiges Kosovo USA ziehen nach
18.02.2008, 07:52 UhrDie USA haben die Unabhängigkeit des Kosovos formell anerkannt. "Wir gratulieren dem Volk des Kosovo zu diesem historischen Ereignis", heißt es in einer in Washington veröffentlichten Stellungnahme von Außenministerin Condoleezza Rice. US-Präsident George W. Bush habe positiv auf den Wunsch des Kosovos reagiert, diplomatische Beziehungen zwischen beiden Ländern aufzunehmen, schreibt Rice. Die Unabhängigkeit des Kosovos sei "die einzig praktikable Option zur Stabilisierung der Region".
Das Kosovo sei angesichts der besonderen Umstände des Zusammenbruchs Jugoslawiens und der Geschichte der ethnischen Säuberungen und Verbrechen gegen Zivilisten im Kosovo ein besonderer Fall und könne nicht als Vorbild für irgendeinen anderen Konflikt in der Welt dienen, betonte die US-Außenministerin.
Die USA versicherten Serbien ihrer Freundschaft. Die serbische Führung sei eingeladen, gemeinsam mit den USA und anderen gemeinsam Aufgaben anzugehen, beispielsweise "den Schutz der Rechte, der Sicherheit, der Kultur und der Existenz der serbischen Gemeinschaft im Kosovo".
Serbien ruft Botschafter zurück
Als Reaktion auf die Anerkennung des Kosovo rief Serbien seinen Botschafter aus den USA, Frankreich und der Türkei zurück. Ministerpräsident Vojislav Kostunica sagte vor dem Parlament, der Schritt der USA zeige das wahre Gesicht der Politik der USA. Er sei die Fortsetzung der NATO-Aggression, die mit dem Bombardement Serbiens 1999 begonnen habe.
Zuvor hatte Frankreich als erster Staat weltweit die Anerkennung des Kosovo erklärt. Auch Deutschland, Großbritannien und Italien haben eine Anerkennung angekündigt, Spanien lehnt dies dagegen als Verstoß gegen das Völkerrecht ab.
Deutschland entscheidet am Mittwoch
Die Bundesregierung will das Kosovo schnell als unabhängigen Staat anerkennen. Die Mehrzahl der EU-Staaten werde so verfahren. "Auch die Bundesregierung wird diesen Schritt tun", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach Beratungen in Brüssel. Das Bundeskabinett werde am Mittwoch darüber in Berlin entscheiden.
Die Kosovo-Albaner hatten sich am Sonntag von Serbien losgesagt und die Souveränität der Provinz ausgerufen. Das Kosovo ist der siebte Staat, der aus dem ehemaligen Jugoslawien hervorgegangen ist.
Die slowenische Ratspräsidentschaft teilte mit, die EU überlasse ihren einzelnen Mitgliedsstaaten die Entscheidung, ob sie das Kosovo als eigenständigen Staat anerkennen oder nicht. Die EU-Mitgliedsstaaten hätten sich jedoch auf eine gemeinsame Haltung zum Kosovo geeinigt, teilte die slowenische Regierung mit. "Die EU hat noch einmal den Test ihrer Einheit bestanden", sagte Sloweniens Außenminister Dimitrij Rupel. Die EU-Staaten Spanien, Zypern, Rumänien, Griechenland und die Slowakei sehen wegen Problemen mit eigenen Minderheiten ein unabhängiges Kosovo sehr kritisch.
Sarkozy schreibt einen Brief
In einem europäischen Alleingang hatte Frankreich zuvor das Kosovo anerkannt. Außenminister Bernard Kouchner sagte, der französische Präsident Nicolas Sarkozy habe bereits einen entsprechenden Brief an den kosovarischen Präsidenten geschrieben. "Das ist das Ende der Krise auf dem Balkan." Allerdings werde es noch lange dauern, bis sich die Lage entspannt habe.
Steine auf deutsches Konsulat
In Banja Luka, der Hauptstadt der bosnischen Serbenrepublik, bewarfen bosnische Serben das deutsche Konsulat mit Steinen. Sie hatten zuvor gegen die Unabhängigkeit der südserbischen Provinz Kosovo protestiert. Die Menge bewarf die deutsche und die benachbarte französische Mission mit Steinen und Kartoffeln, hieß es nach Medienberichten in Sarajevo. Es sei nur geringer Sachschaden entstanden. Nach dem Eintreffen der Sonderpolizei zogen die Randalierer ab.
Zuvor wollten sie das US-Konsulat angreifen, wurden aber von den Sicherheitskräften verdrängt. Nach Ansicht vieler Serben tragen die USA, Deutschland und Frankreich die größte Verantwortung für die Trennung Loslösung des Kosovos von Serbien.
"Dieses Land wird immer kleiner"
Im Zentrum der serbischen Hauptstadt Belgrad versammelten sich rund 7000 Menschen mit zahlreichen Landesflaggen auf dem Platz der Republik. Anders als in der Nacht zuvor blieb der Protest aber friedlich. Einige Demonstranten erhoben ihre Hand zum Nazi-Gruß, die meisten beließen es aber bei anti-albanischen Parolen. "Dieses Land wird immer kleiner", empörte sich die 24-jährige Studentin Jelena.
Auch in der serbischen Hochburg Mitrovica im Norden des Kosovo zogen mehrere tausend Serben zu der Brücke über den Fluss Ibar, der ihre Viertel vom albanischen Süden der Stadt trennt. "Kosovo ist Serbien", skandierten sie. Der Übergang wurde von Polizeikräften der UN und des Kosovo geschützt. Der radikale Anführer Marko Jaksic forderte die Regierung in Belgrad auf, ihr Volk im Kosovo auch mit Militärgewalt zu verteidigen. "Serbien muss entscheiden, ob es seine Armee einsetzen will, um Serben im Kosovo zu verteidigen, wenn sie von Albanern angegriffen werden", rief er der Menge zu. Auf einem Banner wurde gefordert: "Kosovo mit allen Mitteln verteidigen".
In ganz Kosovo, sowie in Albanien und den von Albanern bewohnten Gebieten Mazedoniens dauerten die Feiern nach der am Sonntag ausgerufenen Unabhängigkeit bis in die Morgenstunden am Montag. Viele zehntausende begeisterte Menschen tanzten und sangen, schwenkten die Fahnen Albaniens, der USA und der EU, sowie die neue Kosovo-Fahne.
Quelle: ntv.de