Neue Verfassung angenommen Usbeken ebnen Mirsijojew Weg zu Langzeitherrschaft
01.05.2023, 11:15 Uhr Artikel anhören
Usbekistans Präsident Mirsijojew - hier mit seiner Familie - könnte nun bis 2040 im Amt bleiben.
(Foto: picture alliance / AA)
Usbekistans Präsident Mirsijojew öffnet in seiner ersten Amtszeit das Land und beschränkt die Macht der Sicherheitsbehörden. Mit einer neuen Verfassung kommt er Bürgerrechtlern ein Stück entgegen. Im Gegenzug ist der Weg frei für eine Herrschaft bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts.
In der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Usbekistan haben die Bürger nach offiziellen Angaben per Referendum mit großer Mehrheit eine neue Verfassung bestätigt. Damit ist der Weg für Präsident Schawkat Mirsijojew frei, zum langjährigen Herrscher zu werden, denn die neue Verfassung erlaubt weitere Amtszeiten bis 2040. Laut vorläufigen Ergebnissen stimmten rund 90 Prozent der Usbeken für die Änderungen. Die Wahlbeteiligung lag der Wahlkommission zufolge bei 85 Prozent.
Laut der Verfassungsreform soll der Präsident künftig für sieben Jahre gewählt werden - bisher waren es fünf. Die Amtszeiten des Präsidenten werden weiterhin auf zwei begrenzt - die zwei Amtszeiten des Amtsinhabers werden jedoch nicht angerechnet. Mirsijojew hatte das Amt 2016 nach dem Tod seines autoritär regierenden Vorgängers Islam Karimow übernommen. Er hat das mehrheitlich muslimische Land mit seinen 35 Millionen Einwohnern nach Jahren der Isolation und wirtschaftlichen Stagnation geöffnet. Unter seiner Herrschaft wurden die Befugnisse der Sicherheitsdienste beschnitten. 2021 wurde er mit deutlicher Mehrheit für fünf weitere Jahre wiedergewählt.
Land zum Sozialstaat erklärt
Die Verfassungsänderung erlaubt es dem 65-Jährigen, 2026 erneut zu kandidieren: Die Begrenzung auf zwei Amtszeiten gilt nicht für Staatsoberhäupter, die vor der Verfassungsänderung amtierten. Für Mirsijojew wird der Amtszeit-Zähler damit quasi wieder auf Null gestellt. Im Falle einer Wiederwahl könnte er damit bis 2033 oder sogar 2040 im Amt bleiben.
Laut der Führung soll das Land mit den Änderungen, die zwei Drittel der Verfassung betreffen, demokratisiert werden. Auch der Lebensstandard werde sich dadurch erhöhen. So wird Usbekistan zu einem Sozialstaat erklärt und ist damit zu verstärkten Leistungen für ärmere Bürger verpflichtet. Unter anderem wird die Todesstrafe abgeschafft, die Menschenrechte sollen geachtet werden. Vorgesehen ist ferner die Verkleinerung des Senats, dem Oberhaus des Parlaments, von 100 auf 65 Abgeordnete.
Usbekische Bürgerrechtler hatten die Ausweitung demokratischer Grundsätze in der Verfassung gefordert. Widerstand gegen die nun beschlossene Reform, insbesondere die Ausweitung der Befugnisse des Präsidenten, gab es kaum. Eine Annahme der Verfassungsänderungen galt daher als sicher. Die neue Verfassung war zuvor schon von Unter- und Oberhaus des Parlaments verabschiedet worden.
Journalist: Zensur hat zugenommen
Trotz der jüngsten Reformen wird das Land laut Nichtregierungsorganisationen weiter autoritär regiert. Zwei für staatliche usbekische Medien arbeitende Journalisten sagten, sie seien angewiesen worden, "auf positive Weise über Usbekistan, das Referendum und den Präsidenten zu berichten". Die Zensur habe während der Kampagne für das Referendum zugenommen.
Doch nicht bei allen Menschen hat die Kampagne der Regierung verfangen. "Es wird alles dafür getan, damit der Präsident lebenslang an der Macht bleiben kann", sagte der 70-jährige Nurchamil, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte. Mirsijojew habe zwar "einige Reformen" durchgesetzt, sagte der Rentner. Nun wolle er aber offenbar in die Fußstapfen des russischen Präsidenten Wladimir Putin treten, der sich ebenfalls per Verfassungsänderung weitere Amtszeiten ermöglichte.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/rts/dpa