CSU will künftig vernünftig seinZwischen Tradition und Moderne
Die CSU will hinter das Geheimnis ihres Debakels bei der Bundestagswahl kommen. "Ganz einfache Antworten" gibt es Parteichef Seehofer zufolge nicht. Die Welt sei halt "im Umbruch". Eine Personaldiskussion wird es auf der Vorstandssitzung nicht geben.
Sieben Wochen nach ihrem historischen Fiasko bei der Bundestagswahl will die CSU den Blick nach vorn richten. Das betonten mehrere CSU-Spitzenpolitiker vor einer Vorstandssitzung in München, auf der das Debakel analysiert werden soll. "So ganz einfache Antworten gibt es nicht", sagte Parteichef Horst Seehofer vor Beginn der Sitzung zu den Gründen für den Absturz. Er sehe allerdings zwei Hauptgründe: Die Wähler hätten die Große Koalition beenden wollen. Außerdem finde gerade in der politischen Landschaft eine "gewaltige Erosion" statt.
Die CSU wolle in den kommenden Jahren "eine vernünftige Arbeit abliefern", sagte Seehofer. Daraus ergebe sich dann die Zustimmung der Wähler. Es bekomme keiner politischen Kraft besonders gut, wenn sie sich nur mit sich selbst beschäftige.
Für und Wider 50 Plus
Diskussionen über eine mögliche Rückkehr zur absoluten Mehrheit in Bayern lehnte Seehofer ab. "Parteien haben noch nie bei Wahlen gut abgeschnitten, wenn sie sich über die Prozentsätze unterhalten haben. Sondern die Leute wollen, dass wir eine vernünftige Arbeit machen." Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich sagte dagegen: "Es geht weniger um die Vergangenheit als um die Zukunft - um die Frage, wie wir die CSU aufstellen, dass wir das nächste Mal wieder 50 Prozent haben." Die CSU müsse nun "ganz deutlich machen, wo unsere Fundamente sind, was unsere Grundsätze sind, was unser Kompass ist".
Die CSU war bei der Wahl Ende September auf 42,5 Prozent abgestürzt, das schlechteste Bundestagswahl-Ergebnis seit 1949. Eine Abrechnung mit Seehofer ist auf der Sitzung dennoch nicht zu erwarten - obwohl der CSU-Chef selbst vor der Vorstandssitzung noch einmal betonte, er hätte mit einer Personaldiskussion "überhaupt kein Problem". "Man soll da auf mich keine Rücksicht nehmen", sagte der 60-Jährige.
"Welt total im Umbruch"
Als Ursache für das schlechte CSU-Ergebnis machte Seehofer unter anderem die zunehmende Pluralisierung der Gesellschaft aus. Alle Volksparteien spürten, "dass die Welt total im Umbruch ist". So sei "eine gewaltige Erosion der Bindekräfte bei Großorganisationen" zu beobachten. Darauf müsse die CSU Antworten finden. Sie müsse moderne Politik machen, aber auch in der Tradition verwurzelt bleiben.
Kritik an Seehofers Wahlkampf
Unmittelbar nach der Wahl hatte es in der CSU Kritik am Anti-FDP-Wahlkampf Seehofers gegeben. Derlei kritische Stimmen sind aber mittlerweile nur noch vereinzelt zu hören. So sagte der Chef der CSU- Mittelstandsunion, Hans Michelbach: "Das war nicht klug." Und der frühere CSU-Vorsitzende Erwin Huber meinte: "Es hat uns jedenfalls nicht genutzt." Seehofer widersprach. Dies sei "ganz gewiss" kein Fehler gewesen.
"Vertrauenskrise" weiter gegenwärtig
Huber sprach erneut von einer "Vertrauenskrise" der CSU. Dieser müsse man nun eine vernünftige Sacharbeit entgegensetzen. Kritik an Seehofer äußerte der ehemalige CSU-Chef nicht. "Es gibt keine Personaldiskussion. Ich glaube, das wäre völlig falsch", sagte er. Auch Ex-Ministerpräsident Günter Beckstein rief dazu auf, man solle nun "nach vorne schauen". Huber und Beckstein hatten vor gut einem Jahr zurücktreten müssen, nachdem die CSU bei der bayerischen Landtagswahl auf 43,4 Prozent abgestürzt war. Auf die Frage, warum sie beide damals hätten gehen müssen und Seehofer nun nicht, sagte Beckstein: "Wenn man schon mal ins kalte Wasser gesprungen ist, ist der zweite Sprung bei weitem nicht mehr so aufregend wie der erste."