Berlin & BrandenburgMissbrauch im Maßregelvollzug: Wie gut ist Besuch geschützt?

Im Maßregelvollzug in Brandenburg soll es einen "gravierenden Vorfall" gegeben haben. Die Rede ist von Kindesmissbrauch. Die Behörden halten sich bedeckt.
Brandenburg an der Havel (dpa/bb) - In einer Unterbringung für psychisch auffällige Straftäter soll ein Kind missbraucht worden sein. Was ist bereits bekannt und wo gibt es noch Fragezeichen? Ein Überblick.
Was ist im Maßregelvollzug passiert?
Im Maßregelvollzug in Brandenburg an der Havel soll ein Kind von einer untergebrachten Person missbraucht worden sein. Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt wegen des "Tatvorwurfs des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern", wie eine Sprecherin mitteilte. Zum Tathergang und zur Identität des Tatverdächtigen hielt sich die Behörde mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen zurück. Auch wann genau der Missbrauch stattgefunden haben soll, ist bislang unklar. Das Ministerium spricht von einem "gravierendem Vorfall", der Anfang November gemeldet worden sei.
Nach Angaben der "Potsdamer Neuesten Nachrichten" (PNN) soll das Kind ein Mädchen sein und in Begleitung der Mutter schon mehrfach in der forensischen Psychiatrie zu Besuch gewesen sein. Die Mutter des Mädchens soll demnach eine Beziehung mit dem mutmaßlichen Täter geführt haben. Die Staatsanwaltschaft bestätigte diese Angaben nicht.
Was bedeutet überhaupt Maßregelvollzug?
Im Maßregelvollzug werden Straftäter untergebracht, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht oder nur vermindert schuldfähig sind. Die Menschen sollen in der forensischen Psychiatrie behandelt und die Öffentlichkeit vor ihnen geschützt werden. Im Land Brandenburg gibt es zwei solcher Einrichtungen. Am Standort Brandenburg/Havel können laut Ministerium 131 Patienten untergebracht werden.
Welche Konsequenzen wurden bereits gezogen?
Im Zusammenhang mit dem möglichen Missbrauch hat das Brandenburger Gesundheitsministerium die Beschäftigungsverhältnisse der ärztlichen Leitung der Klinik "mit sofortiger Wirkung" beendet. Zwei Mitarbeiter seien davon betroffen, erklärte ein Ministeriumssprecher. Was das Ministerium ihnen konkret vorwirft, ließ der Sprecher offen. Der Tatverdächtige selbst verbleibt weiterhin im Maßregelvollzug, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte. Eine Untersuchungshaft sei bisher nicht vorgesehen.
Welche Vorwürfe gegenüber der Klinikleitung stehen im Raum?
Das Gesundheitsministerium betonte, sich nicht zu Personalangelegenheiten äußern zu wollen. Nach Angaben der PNN stehen Pflichtverletzungen im Raum.
Gibt es im Maßregelvollzug besonderen Schutz für Besucher?
Laut Landesrecht gilt im Maßregelvollzug, dass das Recht, Besuch zu empfangen, eingeschränkt werden darf. Allerdings nur "wenn durch den Besuch eine unmittelbare Gefahr" für den Patienten oder das Krankenhaus bestehe. Von einer Gefahr für den Besuch ist hier nicht die Rede.
Ein Besuch kann auch abgebrochen werden, wenn "die Sicherheit des Krankenhauses oder die Gesundheit der untergebrachten Person" durch den Besucher gefährdet wird. Auch in diesem Passus wird nicht von einer möglichen Gefährdung durch den Patienten gesprochen.
Kommt es im Maßregelvollzug häufiger zu Übergriffen auf Dritte?
Gegen Mitarbeiter oder Besucher kam es gelegentlich zur Gewalt. 2023 verletzten zwei psychisch kranke Straftäter zwei Krankenschwestern bei ihrer Flucht aus dem Maßregelvollzug in Berlin-Reinickendorf. Eine der Frauen kam mit Stichverletzungen in ein Krankenhaus.
In der Einrichtung in Berlin-Wittenau starb 2020 bei einer Auseinandersetzung ein 66-jähriger Mann. Er war in dem Maßregelvollzug untergebracht und mit einem anderen 28-jährigen Patienten in Streit geraten.