Hamburg & Schleswig-HolsteinTödlicher Streit in Disko: 22-Jähriger vor Gericht

Ein 21-Jähriger stirbt bei einem Streit in einer Diskothek bei Hamburg. Nun muss sich ein Tatverdächtiger vor Gericht verantworten - ihm wird ein tödlicher Messerstich vorgeworfen. Was war passiert?
Trittau (dpa/lno) - Zwei Gruppen geraten in einer Diskothek in Trittau (Stormarn) in Streit. Es gibt Schläge, Gläser fliegen und dann erleidet ein 21-Jähriger einen tödlichen Messerstich. Gut ein halbes Jahr danach muss sich ein 22-Jähriger nun vor dem Lübecker Landgericht verantworten. Zu Prozessbeginn macht der Angeklagte selbst keine Angaben zur Sache, sein Verteidiger gibt jedoch eine Erklärung ab. Die Staatsanwaltschaft hat den Mann aus dem Kreis Stormarn wegen Verdacht des Totschlags angeklagt.
Es geht in dem Prozess um das tödliche Geschehen in den Morgenstunden des 13. April. "Wir werfen dem Angeklagten vor, dass er im Rahmen einer Auseinandersetzung in einer Diskothek ein Messer gezogen hat und damit dem Geschädigten einen tödlichen Stich versetzt hat", sagt Staatsanwältin Mareike Lindner. Es sei nur ein Stich zwischen die Rippen gewesen, der aber die Lunge des Opfers verletzt und zu seinem Tod geführt habe. Das Messer habe sich der Angeklagte vor der Tat geliehen.
Das Opfer starb laut Staatsanwaltschaft innerhalb von Minuten noch in der Diskothek. "Die ganze Auseinandersetzung dauerte insgesamt nur 28 Sekunden", sagt Staatsanwältin Lindner. Die Anklage gehe davon aus, dass eine Person, die mit der Gruppierung des Angeklagten unterwegs war, Streit mit seiner Ex-Freundin angefangen hatte. "Dann sind von der Seite des Geschädigten mehrere Personen dazugekommen, von der Seite des Angeklagten auch. Es gab eine körperliche Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen und in diesem Rahmen hat der Angeklagte dann ein Messer gezogen und diesen Stich versetzt."
Bei der gewalttätigen Auseinandersetzung seien auch Gläser und Flaschen geflogen, sagt die Staatsanwältin. Dabei sei die Freundin des Angeklagten von dem späteren Opfer nieder geschubst worden. Der Angeklagte habe an dem Abend eigentlich in einer gemieteten Suite eines Hamburger Hotels feiern wollen, sei nach einem Telefonat mit der Freundin aber zu ihr in die Diskothek nach Trittau gefahren.
Was war der Auslöser?
Der Verteidiger Michael Nagel widersprach der Anklageschrift in Teilen. Es liege nach seiner Auffassung kein vorsätzliches Verhalten seines Mandanten vor, sagt der Jurist am Rande der Verhandlung. Daran änderten auch die ersten Zeugenaussagen nichts. "Er ist natürlich erschüttert über all das, was ihm vorgeworfen wird und auch all das, was ihm jetzt sozusagen bevorsteht."
Sein Mandant habe gegenüber der Polizei erklärt, er habe mit dem geliehenen Messer lediglich Angriffe abwehren wollen. Er habe nicht wahrgenommen, dass seine Freundin kurz vor der gewalttätigen Auseinandersetzung von dem späteren Opfer nieder geschubst worden sei, wie von der Anklage behauptet. Er habe plötzlich einen Widerstand gespürt und auf sein Messer geschaut. Darauf habe er kein Blut gesehen. Danach habe er in Panik mit seiner Freundin die Diskothek verlassen. "So wie er bei der Polizei ausgesagt hat, so war es aus seiner Sicht."
Bereits kurz nach der Tat habe ihn der Angeklagte kontaktiert, weil er sich stellen wollte, sagte der Verteidiger. Dass dies erst am 23. April - zehn Tage nach der Tat - geschah, sei lediglich der Abwesenheit des Juristen geschuldet. "Er ist nicht abgehauen, hat sich nicht versteckt." Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft.
Videos und Zeugen
Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf Zeugenaussagen und mehrere Videos aus der Tatnacht - die Bilder einer Überwachungskamera und fünf Videos von Zeugen, die Teile der Auseinandersetzung zeigen. Darauf sei die eigentliche Tathandlung aber nicht zu sehen, sagt die Staatsanwältin. In seiner polizeilichen Vernehmung habe der Angeklagte eingeräumt, dass er in der Tatsituation ein Messer gezogen habe. Er wolle aber nicht genau gemerkt haben, ob er einen Stich versetzt habe. "Die Vernehmung dauerte sehr lange. Er hat auch mal gesagt, dass ihm der Geschädigte ins Messer reingefallen ist." Das sei nach Bewertungen auch der rechtsmedizinischen Sachverständigen aber nicht plausibel.
Das Gericht befragt am ersten Verhandlungstag mehrere Zeugen, darunter eine Frau, die von dem Streit mit ihrem Ex-Freund in der Diskothek berichtet sowie von der Auseinandersetzung, die sich daraus entwickelte. Zu Wort kommen auch der Bruder des Opfers und ein Freund des Getöteten. "Ich habe ein Messer gesehen", sagt der 19-Jährige. Als denjenigen, der das Messer in der Hand gehalten habe, identifiziert er den Angeklagten. Dieser habe damit Gesten gemacht nach dem Motto: Komm doch her.
Kurz darauf habe er den Freund gesehen und sich um ihn gekümmert, sagt der Zeuge. Der Bruder berichtet davon, wie die Gruppe seinen Bruder nach dem Stich in einen Zeltbereich getragen habe. "Keiner hat uns geholfen", sagt der 18-Jährige.
Der Prozess soll am 17. Dezember fortgesetzt werden. Dann will die 1. Große Strafkammer weitere Zeugen hören. Es sind zehn weitere Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte im März fallen.