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Hamburg & Schleswig-HolsteinKommission empfiehlt elf Straßenumbenennungen

10.03.2022, 03:32 Uhr

Eine Expertenkommission hat die Biografien NS-belasteter Namensgeber Hamburger Straßen unter die Lupe genommen. Elf von ihnen verletzten unsere heutigen Wertvorstellungen in eklatanter Weise, lautet das Ergebnis. Ihre Namen sollten nicht länger geehrt werden.

Hamburg (dpa/lno) - Eine Expertenkommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen hat die Umbenennung von elf Straßen und Plätzen in Hamburg empfohlen. Die Historikerin Miriam Rürup nannte am Donnerstag als Beispiele die Heynemannstraße in Hamburg-Nord, den Högerdamm im Bezirk Mitte, den Reinckeweg in Wandsbek und den Albert-Schäfer-Weg in Harburg.

In ihrem Abschlussbericht stellte die achtköpfige Kommission fest: "Mit der Benennung einer Straße nach einer Person soll die Leistung dieser Person in besonderer Weise ehrend gewürdigt werden. Eine Ehrung in dieser Form ist nicht mehr haltbar, wenn das Handeln der Person die heutigen Wertvorstellungen in eklatanter Weise verletzt." Allein die Mitgliedschaft in der NSDAP sei kein Grund.

Zu den empfohlenen Umbenennungen erklärte Rürup, der Gynäkologe Theodor Heynemann (1878-1951) habe sich an Zwangssterilisierungen beteiligt. Der Architekt Fritz Höger (1877-1949) habe im November 1945 das "Weltjudentum" für die deutsche Niederlage verantwortlich gemacht. Der Historiker und Jurist Heinrich Reincke (1881-1960) sei als Leiter des Staatsarchivs für die Ausstellung von "Ariernachweisen" verantwortlich gewesen.

Der Vorstandsvorsitzende der Harburger Phoenix AG, Albert Schäfer (1881-1971), habe die Verantwortung für den Einsatz von Zwangsarbeitern bei den Gummiwerken getragen. Allerdings war Schäfer noch vor wenigen Jahren wegen seiner Rolle bei der kampflosen Übergabe Hamburgs an die britischen Truppen geehrt worden. Der Weg im Stadtteil Eißendorf war 2003 nach ihm benannt worden.

Die Kommission empfahl außerdem, drei zwischen 1933 und 1945 erfolgte Umbenennungen rückgängig zu machen. Die Künstlerin Käthe Kollwitz, die damals dem völkisch-nationalistischen Schriftsteller Walter Flex habe weichen müssen, habe unter anderem eine erneute Ehrung verdient. Elf Namensgeber sollen nach dem Willen der Experten lediglich eine Kommentierung auf einem Zusatzschild oder einer Internetseite bekommen.

Dazu zählt auch eine hochverehrte Hamburger Volksschauspielerin: "Heidi Kabel haben wir auch lange diskutiert und überlegt, dass die eigentlich ein ganz wunderbares Beispiel ist, um zu zeigen, wie man '33 Folgende die NS-Ideologie versuchen kann für seine - also auch im opportunistischen Sinne sozusagen - für sich und für seinen Fortgang und Karriere nutzbar zu machen, aber nach '45 auch bereut hat", sagte Rürup.

Nach Erkenntnissen der Kommission war Heidi Kabel (1914-2010) Mitglied der Reichstheaterkammer und seit 1938 der NS-Frauenschaft. Laut ihrer Autobiografie habe sie ihren Mann, den Schauspieler Hans Mahler, dazu gedrängt, 1937 in die NSDAP einzutreten, damit er bessere Chancen bei seiner Bewerbung um eine Intendantenstelle in Lüneburg habe. Diese selbstkritische Auseinandersetzung sollte auf einem Erläuterungsschild deutlich gemacht werden.

Quelle: dpa

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