HessenGeständnis in Korruptionskomplex um Ex-Oberstaatsanwalt

Ein Justizskandal, der Aufsehen in Hessen erregt hat, wird nun mit einem dritten Prozess aufgearbeitet. Angeklagt ist ein Unternehmer, der Geld an einen korrupten Oberstaatsanwalt gezahlt haben soll.
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Die Prozessserie um einen korrupten Oberstaatsanwalt geht in die dritte Runde. Nun steht ein IT-Unternehmer vor Gericht, dem Bestechung vorgeworfen wird. Der 53-Jährige gestand zum Prozessauftakt vor dem Frankfurter Landgericht, jahrelang Bargeld an den früheren Korruptionsermittler übergeben zu haben. Dies sei bei Spaziergängen in einem Frankfurter Park erfolgt.
Der damalige Oberstaatsanwalt ermittelte im Gesundheitswesen und vergab dabei Aufträge an Firmen, bei denen er heimlich mitverdiente. Dafür war er im Mai 2023 wegen gewerbsmäßiger Bestechlichkeit, schwerer Untreue und Steuerhinterziehung zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.
Zwei Mittäter wurden ebenfalls bereits verurteilt: ein Geschäftspartner zu einer fast dreijährigen Haftstrafe und ein Staatsanwalt, der mit ihm zusammenarbeitete, zu einer Geldstrafe.
Mindestens 66.000 Euro in bar
Nun geht es um einen weiteren geschäftlichen Kontakt: Angeklagt ist der frühere Geschäftsführer einer Firma, die im Auftrag der Ermittlungsstelle beispielsweise in verdächtigen Apotheken oder Arztpraxen Daten sicherte und aufbereitete. Es geht um Bestechung in 19 Fällen. Insgesamt soll der Angeklagte mindestens 66.000 Euro an den früheren Korruptionsermittler übergeben haben. Teilweise sind die Taten bereits verjährt.
Nach der Schilderung des Angeklagten forderte der hochrangige Jurist das Geld in einem Gespräch im Jahr 2014 von ihm: Er solle pro abgerechneter Stunde einen Euro abtreten. Bei ihm sei der Eindruck entstanden, dass seine Firma ansonsten keine Aufträge mehr erhalten würde, sagte der Unternehmer. Die Aufträge der Anti-Korruptionsabteilung hätten mindestens die Hälfte der gesamten Einnahmen ausgemacht.
Die Firma sei ihm sehr wichtig gewesen, sagte der 53-Jährige: "Das war einfach mein Baby." Daher habe er das Geld jeweils von seinem Privatkonto abgehoben und quartalsweise dem früheren Oberstaatsanwalt übergeben. Dabei soll auch eine Co-Geschäftsführerin beteiligt gewesen sein. Der Angeklagte stellte sich selbst, als das Gebaren des Oberstaatsanwalts im Jahr 2020 aufflog.
Verurteilter Ex-Oberstaatsanwalt: "Das tut mir leid."
Der 58-jährige verurteilte Ex-Oberstaatsanwalt wurde in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Der Jurist verbüßt derzeit noch seine Haftstrafe und sagte als Zeuge aus. Er hatte bereits zugegeben, den angeklagten Unternehmer 2014 zu Geldzahlungen aufgefordert zu haben. "Die Initiative ging von mir aus", sagte er. Nach der Trennung von seiner langjährigen Lebensgefährtin und während ihrer schweren Erkrankung habe er sich in einer persönlichen Ausnahmesituation befunden.
Nach etwas Bedenkzeit habe der Angeklagte der Forderung des damaligen Strafverfolgers zugestimmt. Allerdings bestritt der Ex-Oberstaatsanwalt, dem IT-Dienstleister direkt mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen gedroht zu haben, falls der nicht auf seine Forderung eingegangen wäre. Das sei aus technischen Gründen gar nicht möglich gewesen.
Allerdings sei ihm ebenso klar, dass der Angeklagte diesen Eindruck habe gewinnen müssen. Es bleibe eine "rabenschwarze Unrechtsvereinbarung", sagte der wegen Korruption verurteilte Jurist. Als er beim angeklagten Unternehmer mit den Worten "Du bist ein feiner Kerl. Das tut mir leid" um Entschuldigung bat - brach dieser in Tränen aus.
Für den 10. Dezember ist ein Fortsetzungstermin angesetzt.