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HessenWas den Wirtschaftsmotor Nacht bremst

27.11.2025, 16:33 Uhr
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1.500 Restaurants, 620 Bars und Kneipen, 80 Clubs. Eine Studie belegt: Das Frankfurter Nachtleben ist ein Standortfaktor. Die Szene teilt den Optimismus nicht ganz. Andere Städte seien weiter.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Das Nachtleben Frankfurts ist für die Stadt auch ein Wirtschaftsfaktor: Clubs, Bars, Gastronomie, Kneipen und Kioske erwirtschaften einer Studie zufolge jährlich einen Bruttoumsatz von rund 432 Millionen Euro und kommen auf eine Wertschöpfung von 211 Millionen Euro.

Frankfurt gehöre zu den "Top drei Nachtleben-Städten in Deutschland", sagte Frankfurts Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP). "Unser Nachtleben ist ein zentraler Standortfaktor. Die Nachtökonomie leistet dafür einen wichtigen Beitrag: durch Umsatz, Wertschöpfung und viele Arbeitsplätze."

Was die Manager der Nacht umtreibt

Für die vom Stadtmarketing in Auftrag gegebene Erhebung wurden im Juni und Juli 2025 insgesamt 129 Betriebe und 200 Gäste befragt. Frankfurt gehöre zu den "Top drei Nachtleben-Städten in Deutschland", sagte Frankfurts Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP).

Die Anbieter dieser Nachtkultur sehen die Situation nicht ganz so positiv. Clubbesitzer, Konzertveranstalter und Gastronomen klagen über zurückgehende Gästezahlen und steigende Kosten, über Konflikte im öffentlichen Raum und zu wenig finanzielle Unterstützung durch die Stadt.

Agentur: Frankfurt hat "vieles, was zieht"

Nach Zählung der für die Studie verantwortlichen Agentur gibt es in Frankfurt knapp 1.500 Restaurants, etwa 620 Bars und Kneipen sowie rund 80 Clubs. Frankfurt habe "Vieles, was zieht", sagte Studienleiter Peter Kowalsky: die Internationalität des Bahnhofsviertels, das "fast dörfliche" in den Stadtteilen, und natürlich die Hochhäuser als "Ausrufezeichen".

85 Prozent der befragten Nutzer sahen das Nachtleben als wichtigen Imageträger, 81 Prozent betonen die touristische Anziehungskraft der Frankfurter Gastronomie und 69 Prozent nennen das nächtliche Angebot als wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität in der Stadt.

Dehoga: Szene hat sich "drastisch verändert"

In den vergangenen zehn Jahren habe sich das Nachtleben in Großstädten wie Frankfurt und Kassel "drastisch verändert", sagte Kerstin Junghans, stellvertretende Geschäftsführerin des Hotel- und Gastronomieverbands Dehoga Hessen. Mittlerweile sei etwa die Hälfte der Betriebe geschlossen oder habe ihr Konzept komplett geändert.

Ein Grund: "Die Generation, die während Corona im Alter rund um den 18. Geburtstag war, ist mehr oder weniger ohne Club- und Diskothekenkultur erwachsen geworden", erklärte Junghans. Angebote müssten deshalb junge Menschen abholen und als Gäste halten, "die auch gern am Wochenende „einfach mal“ einen europäischen Städtetrip machen".

Clubs mit Livemusik nicht rentabel

"Ich teile nicht ganz den Optimismus der Studie", sagt Matthias Morgenstern. Er betreibt das "Tanzhaus West" und ist Vorsitzender des Vereins Live in Hessen/Clubs am Main. Clubs, die Livemusik anbieten, würden seit der Pandemie kaum mehr Gewinn machen. "Wir sind immer am Kippen."

Wenn die Stadt es ernst meine mit dem Standortfaktor Nachtleben, müsse sie die Betreiber auch finanziell unterstützen. Im Vergleich zu anderen Städten wie etwa Köln sei der Förderetat für Populärmusik in Frankfurt "so niedrig, dass einem die Tränen kommen".

Gema-Gebühren explodieren

Bastian Bernhagen, Geschäftsführer des Clubs "Gibson" auf der Zeil, blickt nach Berlin. Dort gebe es einen Lärmschutzfonds, mit dem Veranstalter unterstützt werden. Ein weiterer Punkt: Vor zwölf Jahren habe das "Gibson" 20.000 Euro pro Jahr an die Gema gezahlt, heute seien es 86.000 Euro.

Was viele Betreiber feststellen: Junge Leute gehen seltener aus, bleiben weniger lange, geben weniger Geld aus, trinken sehr viel weniger. "Betreiber müssen Nischen finden, um verändertem Ausgehverhalten Rechnung zu tragen", sagt Junghans vom Dehoga, etwa dem Gesundheitsbewusstsein junger Menschen.

Sicherheit und die Stadtbild-Debatte

James Ardinast betreibt mehrere Lokale im Bahnhofsviertel – einem Stadtteil, der mit seinem multikulturellen Angebot besonders attraktiv ist, aber mit seiner Drogenproblematik auch besonders belastet. "Konflikte im öffentlichen Raum" seien ein Thema, sagt Ardinast. Er sagt aber auch: "Je mehr Menschen wir nach 22 Uhr auf der Straße haben, desto größer ist das Sicherheitsgefühl und desto mehr schaffen wir einen Ausgleich zum Stadtbild."

Morgenstern, Bernhagen und Ardinast sind Teil des Frankfurter Nachtrats. Dem Gremium gehören 13 Gastronomen, Clubbetreiber und Veranstalter an, die die Stadt in Fragen der Nachtökonomie berät. Sie sind gespannt, was aus der Studie folgt. "Die Frage ist: Kommt die Stadt auch ins Tun?", fragt Morgenstern. Andere Städte seien in vielem schon viel weiter.

Quelle: dpa

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