Mecklenburg-Vorpommern"Die war bockig" - Prozess wegen Zwangsprostitution

Eine Frau wird laut Anklage über Jahre von ihrem Partner zur Prostitution gezwungen und geschlagen. Der Angeklagte gibt sich teils geständig - und sorgt dennoch für Unmut beim Gericht.
Stralsund (dpa/mv) - Ein 39 Jahre alter Angeklagter hat vor dem Landgericht Stralsund teilweise gestanden, seine Freundin geschlagen und zur Prostitution gedrängt zu haben. "Die war bockig", sagte der wegen Zwangsprostitution und Körperverletzung Angeklagte im Prozess.
Der wegen Gewalttätigkeit mehrfach Vorbestrafte räumte ein, über das Internet Verabredungen mit Freiern vereinbart zu haben und seine Freundin auch gegen ihren Willen dazu gebracht zu haben, diese wahrzunehmen. Nach eigener Aussage schlug er die Frau in diesem Zusammenhang auch ungefähr in einem Dutzend Fällen. Die Vorsitzende Richterin verwies auf Aufnahmen der blauen Flecken der Frau.
Entgegen der Anklage sagte der Beschuldigte, die Geschädigte habe sich ab 2021 selbst im Internet für sexuelle Handlungen angeboten und das Geld auch selbst kassiert. Er gestand aber zu, später selbst die Termine vereinbart und sie angewiesen zu haben. Auch habe er zuletzt selbst die Hälfte des Geldes vereinnahmt. Laut Anklage war die Geschädigte von Anfang an gegen die Prostitution.
Mutter der Geschädigten: "Das Leben war 'ne Hölle"
Der Tatzeitraum erstreckt sich laut Anklage von Mitte 2021 bis Ende Juni 2025. Von mehreren hundert bis zu tausend Terminen mit Freiern ist die Rede. Der Beschuldigte bestritt diese Zahlen.
Der Mann ohne Berufsausbildung wohnte in einem kleinen Ort in der Gemeinde Süderholz bei Greifswald bei seiner Freundin in einem Haus zusammen mit ihren Eltern. Nach Aussage der Mutter wurde er zunehmend übergriffig, bedrohte die Familie und rastete regelmäßig aus. "Das Leben war 'ne Hölle." Der Vater nannte den Beschuldigten einen "Pascha", der die Geschädigte kontrolliert habe. Zu Beginn sei er hingegen "lammfromm" gewesen.
Nach Schilderungen des Beschuldigten fuhren er und die Geschädigte regelmäßig mit dem Auto zu einem Plattenweg bei einem Wald in der Nähe, um dort Freier zu treffen. Er selbst sei in den Wald gegangen, während die Frau die Freier empfing. Das Geld habe bei seiner Rückkehr auf der Mittelkonsole des Wagens gelegen. Anfangs habe die Frau fünf bis sechs Freier pro Tag getroffen. Später seien es weniger Termine gewesen, die dann am Abend stattfanden, weil sie in der Zwischenzeit einen Beruf aufgenommen hatte.
Zähes Geständnis sorgt für Unmut
Die Vorsitzende Richterin las eine Chat-Nachricht der Geschädigten vor: "Ich hab' keinen Bock drauf, ich komm' gerade von der Arbeit." Der Beschuldigte schrieb hingegen: "Du bist faul."
Das Gericht und die Beteiligten einigten sich auf eine Verständigung, nach der dem Mann ein bestimmter Strafrahmen in Aussicht gestellt wurde, wenn dieser ein umfassendes Geständnis ablegt. Der vereinbarte Rahmen reicht von einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten bis vier Jahre und sechs Monate.
Diese Verständigung stand schon am ersten Verhandlungstag wegen der zähen, lückenhaften und teils widersprüchlichen Aussage des Beschuldigten mehrmals auf der Kippe. Nur Stück für Stück gestand er Vorwürfe ein - zum Unmut der Strafkammer. "Das hat mit einem Geständnis nichts zu tun", entfuhr es zwischenzeitlich der Vorsitzenden Richterin. Der Beschuldigte sagte, ein 2023 erlittener Schlaganfall bereite ihm Probleme.
Die Verständigung zielt auch darauf ab, der Geschädigten, die als Nebenklägerin beteiligt ist, eine allzu detaillierte Aussage zu ersparen. Ihre Aussage ist für einen späteren Verhandlungstag geplant. Bis in die Woche vor Weihnachten sind zwei weitere Verhandlungstermine angesetzt.