Nordrhein-WestfalenInnerorts Fuß vom Gas: Forscher warnen vor schweren Unfällen

Die Straße frei, kaum Verkehr - da gibt mancher auch innerorts schon mal Gas. Doch die Sicherheit ist trügerisch: Gerade in Städten passieren immer noch vergleichsweise viele tödliche Unfälle.
Münster (dpa/lnw) - Auf Innenstadtstraßen mit wenig Verkehr geben Autofahrer immer wieder zu viel Gas und verunglücken schwer, warnt die Unfallforschung der Versicherer (UDV).
Innerorts sei die Zahl der bei Unfällen getöteten Autofahrer oder Beifahrer in den vergangenen zehn Jahren kaum zurückgegangen - im Gegensatz etwa zu Landstraßenunfällen, heißt es in einer am Donnerstag vorgestellten UDV-Studie. Die Zahl der Toten bei Innerorts-Unfällen sank danach nur moderat von bundesweit 181 im Jahr 2014 auf 151 im vergangenen Jahr. Hinzu kämen 2024 geschätzt rund 900 lebensgefährlich Verletzte.
Die Studie basiert auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, polizeilichen Einzelfallanalysen zu 250 Unfällen und Detailanalysen aus den Datenbanken der Versicherer. Unfallursache sei vielfach überhöhte Geschwindigkeit, so die Studie.
Trügerische Sicherheit auf wenig frequentierten Straßen
Gerade auf locker bebauten und wenig frequentierten Straßen innerorts fühlten sich Autofahrer in trügerischer Sicherheit. Sie führen unaufmerksam oder zu schnell, sagt UDV-Chefin Kirstin Zeitler. Vor allem bei Dunkelheit oder Nässe verlören sie dann - etwa in Kurven - leicht die Kontrolle. Fast jeder zweite Getötete starb im vergangenen Jahr innerorts bei Alleinunfällen ohne Unfallgegner.
Crashtest mit Tempo 70
Die Forscher haben in Münster eine typische Situation in einem Crashtest nachgestellt: Ein Pkw fährt innerorts deutlich zu schnell mit annähernd Tempo 70, als die Straße scharf nach rechts abknickt. Der Wagen schafft die Kurve nicht und kommt von der Straße ab. Dort stehen ein Baum und dahinter ein Haus. Es kommt zur Kollision.
Kreisverkehre und Spurhaltung auch bei Stadttempo
Die Unfallforschung empfiehlt, Spurhaltesysteme auch schon für Stadtgeschwindigkeit einzubauen. Bisher sind sie laut UDV bei Neuwagen erst ab Tempo 70 Pflicht. Eine Straßenführung etwa mit Kreisverkehren könne den Verkehr zwangsweise bremsen.
Für Menschen ab 75 Jahren empfehlen die Forscher wegen der nachlassenden Konzentration und Reaktionsgeschwindigkeit im Alter schon länger sogenannte Rückmeldefahrten mit einem Fahrlehrer, deren Ergebnisse nicht an Behörden weitergemeldet werden sollen. Je nach Ergebnis könnten Menschen rechtzeitig und selbstbestimmt reagieren und etwa auf Fahrten bei Dunkelheit oder in unbekannte Großstädte verzichten, sagte Zeitler.