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Rheinland-Pfalz & SaarlandTödlichen Unfall verursacht: Drei Jahre Haft verhängt

29.06.2021, 01:09 Uhr

Die Erwartungen der Angehörigen der Opfer waren hoch: Ursprünglich war ein Autofahrer, der den Tod von zwei Menschen verursacht hatte, wegen Mordes angeklagt. Der Vorwurf erwies sich im Prozess als nicht haltbar. Dennoch muss der Mann, der unter Epilepsie leidet, nun ins Gefängnis.

Saarbrücken (dpa/lrs) - Im Prozess gegen den Autofahrer, der in Saarwellingen einen Unfall mit zwei Toten verursachte, hat das Landgericht Saarbrücken den Angeklagten zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Richter sprachen den 30-Jährigen am Dienstag der fahrlässigen Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig (Aktenzeichen 1 Ks 68 Js 1132/17 (13/18)). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der deutsche Staatsangehörige war ursprünglich des Mordes durch rücksichtslose und gefährliche Fahrweise angeklagt. Er soll im August 2017 mitten in Saarwellingen (Landkreis Saarlouis) mit Tempo 130 ungebremst in ein Auto vor ihm gerast sein. Darin starb eine 43-jährige Frau, ihre Tochter (12) erlag zwei Monate später ihren Verletzungen.

Nach Meinung der Kammer hätte sich der 30-Jährige an dem Unfalltag nicht ans Steuer setzen dürfen. Gutachten hatten bestätigt, dass der Mann seit Jahren an Epilepsie litt. "Sie sind nicht verantwortungsvoll genug mit der Erkrankung umgegangen", warf der Vorsitzende Richter Andreas Lauer dem Angeklagten vor. Auch dränge sich der Eindruck auf, dass er seine Medikamente nicht vollständig ordnungsgemäß eingenommen habe.

Schon am Tag des Unfalls sei es morgens bei der Arbeit zu einem Aussetzer gekommen. Auch wenn der Angeklagte dies auf zu wenig Flüssigkeit und Schlaf zurückgeführt habe, hätte er danach nicht mehr Auto fahren dürfen, erst recht nicht zur Hauptverkehrszeit: "Ihnen musste klar sein: Jetzt wird es gefährlich", so Lauer.

Die Frage der Strafzumessung gestalte sich schwierig, wenn auf der einen Seite nur ein Fahrlässigkeitsverschulden stehe, aber auf der anderen Seite derart gravierende Folgen mit zwei Todesopfern. Eine schuldangemessene Strafe könne nach Ansicht der Kammer jedoch nur eine Haftstrafe sein.

Das hatte der Verteidiger zuvor anders gesehen: Er hatte eine Freiheitsstrafe zur Bewährung beantragt, weil sein Mandant die Ursache für das, was passiert war, zuvor falsch eingeschätzt habe. Drei Jahre sei er seit Erhebung der Anklage "zu Unrecht als Mörder angesehen" worden.

Oberstaatsanwältin Bettina Wintrich forderte eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung - auch deshalb, weil sich der Angeklagte am letzten Prozesstag bei den Angehörigen der Opfer entschuldigt, Schmerzensgeld angeboten und einen lebenslangen Verzicht auf seine Fahrerlaubnis erklärt hatte. Eine weitere Gefährdung durch ihn sähe sie nicht. "Nicht leichtfertige bösartige Raserei war Grund für dieses schreckliche Ereignis, sondern ein während der Fahrt eintretender Anfall", bilanzierte sie.

Sachverständige hatten bescheinigt, dass der Angeklagte unter einer Epilepsie-Form leide, die durch Aussetzer, Abwesenheit, Unkonzentriertheit und Erinnerungslücken gekennzeichnet sei.

Eine Anklage wegen Mordes sei von Anfang an "unvertretbar" gewesen und habe bei den Angehörigen der Opfer falsche Erwartungen geweckt, sagte Nebenklage-Vertreter Hans-Jürgen Gebhardt. Offenbar sei die Staatsanwaltschaft damals durch die bundesweiten Raser-Fälle geprägt gewesen.

Doch auch ein Anfall als Unfall-Ursache ändere nichts an der Tatsache, dass der Angeklagte "schwerstes Verschulden" und eine bewusste Fahrlässigkeit bewiesen habe. Er habe sich im Bewusstsein der potenziellen Gefahr hinter das Steuer gesetzt: "Das Ergebnis sehen wir: eine Katastrophe", so Gebhardt. "Eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe kann nicht dabei herauskommen."

Der Ehemann und Vater der beiden Opfer hatte die Schilderungen des Unfalles beim Prozess teilweise mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen verfolgt und immer wieder mit den Tränen gekämpft. "Drei Jahre Haft für zwei Menschenleben ist für mich persönlich zu wenig", kommentierte er anschließend das Urteil. Die Entschuldigung des Angeklagten habe ihn nicht überzeugt, zumal der Mann vier Jahre keinen Kontakt zu ihm aufgenommen habe.

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