Sachsen-AnhaltGrüne fordern Landes-Strategie gegen Hasskriminalität

Hass-Postings mit Beleidigungen und Diffamierungen im Internet nehmen zu. Doch wird Betroffenen in Sachsen-Anhalt genug geholfen? Das ist umstritten.
Magdeburg (dpa/sa) - Hass und Hetze im Internet werden nach Ansicht der Grünen in Sachsen-Anhalt noch nicht entschieden genug verfolgt. "Zu häufig wird Hasskriminalität von staatlichen Stellen noch als Banalität angesehen", sagte der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel am Mittwoch im Landtag. Hass werde zu oft zur Privatsache erklärt, es werde kaum ermittelt und Verfahren zu schnell eingestellt. Nötig sei eine landesweite Strategie gegen Hasskriminalität, sagte Striegel.
Die Grünen setzten auf mehr Wissensvermittlung und Sensibilisierung bei Polizisten und Anwärtern sowie in der Justiz. Es müsse klar sein, dass die konsequente Verfolgung von Hasskriminalität im Internet bis hin zur Anklageerhebung die Regel sein müsse. Bei der Anzeigeerstattung müsse die mögliche Motivation Hass abgefragt werden. Zudem müssten die Strukturen der Strafverfolgungsbehörden angepasst und Anzeigen mit verwertbaren Screenshots verbessert werden. Außerdem müsse mehr Präventionsarbeit geleistet werden.
Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) sagte, Polizei und Justiz arbeiteten bei der Ahndung von Hass und Hetze eng zusammen. Die besondere Betroffenheit von Opfern von Hasskriminalität werde von der Landesregierung sehr ernst genommen. Der Opferschutz sei immer wieder verbessert worden. Die Internetstreife im Landeskriminalamt sei zudem personell verstärkt worden. Zieschang betonte, es gehe nicht nur um die technische Ausstattung, Aus- und Weiterbildung, sondern auch die richtigen rechtlichen Voraussetzungen für die Ermittler. Die Innenministerkonferenz habe sich darauf verständigt, dass Nutzer sozialer Netzwerke verpflichtet werden müssten, bei der Registrierung ihre persönlichen Daten anzugeben.
Der SPD-Abgeordnete Rüdiger Erben hält eine eigene landesweite Strategie für nicht ausreichend. Hass im Internet finde grenzübergreifend statt. Nötig sei eine Koordinierung mindestens zwischen allen Bundesländern. Aber nicht nur Behörden seien zuständig. Erben sieht auch die Betreiber in der Pflicht. Zudem müsse deutlich werden, wer sich hinter Hassbotschaften verberge.
Guido Kosmehl von der FDP regte ein Fachgespräch an, um länderübergreifend und mit Blick auf den europäischen Rechtsrahmen zu einer stärkeren Vernetzung mit Blick auf die Bekämpfung der Hasskriminalität zu kommen. Sachsen-Anhalt sei nicht der Bremsklotz, dürfe es aber auch nicht werden.
Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) sagte: "Wir werden den Kampf gegen Hass und Hetze verstärken." Es werde derzeit geprüft, wie sich die Justiz in diesem Bereich schlagkräftiger aufstellen werde. "Eine Zentralisierung und Spezialisierung wird zu einer noch professionelleren Herangehensweise führen und die Kommunikation der Betroffenen mit den Strafverfolgern erleichtern." Die Justiz im Land bereite sich bereits umfassend auf eine Zunahme entsprechender Verfahren vor.
Transparent wurden Defizite zuletzt durch eine Recherche der Redaktion von "ZDF Magazin Royale". Diese hatte im vergangenen Sommer sieben offensichtlich strafrechtlich relevante Hassbotschaften bei Polizeidienststellen in allen 16 Bundesländern angezeigt und später den meist schleppenden Ermittlungsverlauf geschildert. In Sachsen-Anhalt erfolgte dies mündlich bei dem Polizeirevier Magdeburg und schriftlich im Polizeirevier Jerichower Land. Angezeigt wurden Morddrohungen ebenso wie antisemitische Inhalte und verfassungsfeindliche, rechtsradikale Symbole.
In Magdeburg waren die Anzeigen erst gar nicht angenommen worden. Gegen den Beamten des Polizeireviers Magdeburg wird intern wegen des Verdachts der Strafvereitelung ermittelt. Die schriftlich angezeigten Fälle wurden hingegen bearbeitet.