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SachsenAngeklagte geben im Dresdner Linke-Prozess Erklärungen ab

26.11.2025, 15:34 Uhr
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Im Dresdner Prozess gegen mutmaßliche Linksextremisten ergreifen mehrere Beschuldigte erstmals das Wort. Sie verteidigen ihre antifaschistische Einstellung als notwendig für die Demokratie.

Dresden (dpa/sn) - Mehrere Beschuldigte im Dresdner Prozess gegen mutmaßliche Linksextremisten haben in Erklärungen ihre antifaschistische Einstellung verteidigt und dem Staat Versäumnisse im Kampf gegen rechts vorgeworfen. "Antifaschismus zielt darauf ab, die Demokratie gegen faschistische Bedrohung zu verteidigen", sagte ein 32-Jähriger am zweiten Prozesstag. Wenn der Staat nicht handle, würden sich Menschen legitimiert sehen, Probleme selbst zu lösen. Die Verantwortung für gesellschaftliche Radikalisierung liege deshalb bei der Regierung.

Die Bundesanwaltschaft wirft den Beschuldigten im Alter zwischen 28 und 49 Jahren unter anderem Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung beziehungsweise Unterstützung derselben vor. In der Anklage attestierte die Bundesanwälte ihnen einen "militanten Antifaschismus" und linksextremistische Einstellungen. Mitglieder der rechten Szene sollten geplant angegriffen werden. Einzelnen Beschuldigten werden auch Straftaten wie gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigungen vorgeworfen. In zwei Fällen geht die Anklage von versuchtem Mord aus.

Nach Darstellung der Anklagevertretung gingen die Beschuldigten bei ihren Angriffen brutal vor. Mehrere Opfer erlitten lebensbedrohliche Verletzungen. Die Anklage listet 14 Fälle auf, bei denen 35 Menschen angegriffen wurden.

In ihren persönlichen Erklärungen wiesen drei Angeklagte die Darstellung der Bundesanwaltschaft in mehreren Punkten zurück. Angriffe auf Rechtsextreme seien als Angriff auf den Staat umgemünzt worden, hieß es. Die Gefahr für den Rechtsstaat gehe von Rechtsextremisten aus. Die faschistische Gefahr sei nicht abstrakt, sondern konkret für alle, die sich für eine solidarische Gesellschaft einsetzten. Die Ermittlungen in ihrem Fall seien nicht von Neutralität, sondern von politischer Motivation geleitet gewesen.

Beschuldigter erinnert an die "Baseballschlägerjahre" im Osten

Der mit 49 Jahren älteste Angeklagte schilderte seine bedrückenden Erlebnisse als Jugendlicher in den sogenannten Baseballschlägerjahren nach der Wende. Damals kam es in Ostdeutschland zu einem Erstarken der Neonazis-Szene. Eine "Zeit voller Gewalt", immer mehr Leute hätten offen ihre rechtsextreme Einstellung gezeigt, sagte er.

Als linker Jugendlicher sei er einer ständigen Bedrohung ausgesetzt gewesen. Neonazis hätten mehrere junge Leute aus seinem Umfeld umgebracht. Antifaschismus sei für ihn demokratische Selbstverteidigung und keine Ablehnung des Rechtsstaates. "Antifaschismus ist notwendig", schloss er.

Anträge auf Aussetzung des Verfahrens zurückgewiesen

Zu Beginn der Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter Joachim Kubista Anträge der Verteidigung auf Aussetzung des Verfahrens zurückgewiesen. Sie waren unter anderem damit begründet mit unvollständiger Akteneinsicht begründet worden. Das hielt das Gericht jedoch für unbegründet. Wegen eines Stromausfalles musste die Verhandlung für etwa eineinhalb Stunden unterbrochen werden.

Im Fokus der Verhandlung steht der 32-jährige Johann G. Er war lange Zeit untergetaucht und den Zielfahndern des Landeskriminalamtes Sachsen vor einem Jahr ins Netz gegangen. Das Verfahren ist faktisch die Fortsetzung des Prozesses gegen die Studentin Lina E. und drei Mitangeklagte. Sie waren 2023 an gleicher Stelle zu Haftstrafen verurteilt worden.

Anhänger ermutigen Angeklagte mit Beifall

Auch am zweiten Prozesstag waren zahlreiche Sympathisanten der linken Szene im Saal und spendeten den Beschuldigten bei ihrem Erscheinen lautstark Applaus. Das Oberlandesgericht drohte erneut damit, Besucher aus dem Gerichtssaal zu entfernen, wenn sie während der Verhandlung Beifallsbekundungen äußern. Das war etwa jeweils nach den persönlichen Erklärungen der Fall.

Verteidigung sieht klare Vorverurteilung und übt scharfe Kritik

Die Verteidiger der sieben Beschuldigten hatten am Ende des ersten Prozesstages scharfe Kritik geübt und sprachen von einer Vorverurteilung ihrer Mandanten. Drei der Richter halten sie für befangen, weil sie am Prozess gegen Lina E. beteiligt waren und dort eine Verurteilung bewirkten.

Quelle: dpa

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