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"Das kostet richtig Geld"Deutscher Reitsport-Verband galoppiert neuer Blamage entgegen

17.11.2025, 11:21 Uhr
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Marcus Ehning bedauert die Absagen - freut sich aber auf die WM in Aachen. (Foto: IMAGO/Bildbyran)

Schlagzeilen machte der deutsche Reitsport-Verband FN zuletzt vorwiegend mit Rücktritten, Entlassungen und finanziellen Problemen. Für das kommende Jahr kündigt sich allerdings ein ganz anderes Fiasko an: Denn es mangelt an Ausrichtern für bedeutsame Wettkämpfe.

Der zuletzt von Krisen gebeutelte Reitsport-Verband FN steht vor dem nächsten Tiefschlag. Nach zwei kurzfristigen Absagen gibt es derzeit keine Turniere, bei denen im kommenden Jahr die prestigeträchtigen Nationenpreise in den olympischen Disziplinen Springen und Dressur stattfinden können. Für den erfolgreichsten Pferdesport-Verband der Welt wäre das mehr als peinlich.

"Das wäre sehr traurig, wenn es keinen Nationenpreis gäbe", kommentierte Otto Becker das Schreckensszenario. Der Bundestrainer der Springreiter bemühte sich um eine vorsichtige Wortwahl und sagte weiter: "Ich fände es sehr schade." Klaus Roeser, Equipechef des deutschen Dressurteams, antwortete auf die Frage zum drohenden Ausfall im kommenden Jahr: "Das wäre mehr als bedauerlich."

Ähnlich bewertet es auch Mannschafts-Olympiasieger Marcus Ehning. Der 51-Jährige ist jedoch darauf aus, das Positive in den Fokus zu rücken. "Es ist sehr schade, dass wir als Standort Deutschland wohl keinen Fünf-Sterne-Nationenpreis haben", sagte Ehning beim Turnier in Stuttgart. "Andersherum haben wir die Weltmeisterschaft in Aachen, das ist auch etwas ganz Besonderes für uns."

Wegen eben jener Weltmeisterschaften in der Aachener Soers fallen die traditionsreichen Wettbewerbe für Nationalteams, die normalerweise zum Programm des CHIO in Aachen gehören, im kommenden Jahr aus. Ersatzort für die Dressur war Donaueschingen, doch das Turnier im Schlosspark wurde wie bereits im Vorjahr komplett abgesagt. Und das Mannheimer Turnier gab den Zuschlag für den Nationenpreis im Springen vor knapp einer Woche wieder zurück.

Die Mehrkosten sind offenbar zu hoch

Nun steht die FN massiv unter Druck. Bis zum Sommer neue Ersatzorte zu finden, erscheint äußerst schwierig. Erste Absagen gab es bereits. Die Alternativen an hochkarätigen Freiluft-Turnieren sind rar. Die Veranstalter müssten innerhalb weniger Monate sehr viel zusätzliches Geld auftreiben.

"Wir bedauern es sehr, dass sie sich finanziell nicht in der Lage sehen, diesen Kraftakt, der mit der Ausrichtung eines Nationenpreises verbunden ist, zu stemmen", sagte der FN-Vorstandsvorsitzende Dennis Peiler. Er sei "zuversichtlich, dass auch im Jahr 2026 Nationenpreise in Dressur und Springen in Deutschland stattfinden werden. Wir sind bereits mit Interessenten im Gespräch".

Auf eine bis eineinhalb Millionen Euro schätzt der Mannheimer Organisator Peter Hofmann die Mehrkosten, sagte der emsige Turnier-Veranstalter dem SWR: "Aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage sieht sich der Reiter-Verein Mannheim als Veranstalter nicht in der Lage, das für ein CSIO mit fünf Sternen aufzubringende Budget darzustellen."

Organisatorisch wäre ein Nationenpreis kein Problem gewesen. Hofmann, der auch Vorsitzender des Spring-Ausschusses ist, war bereits vor zehn Jahren Gastgeber des Länderspiels für Reiter und organisierte zweimal die Europameisterschaften in Mannheim. "Für ihn persönlich tut es mir leid, er hat alles versucht", sagte Bundestrainer Becker. "Aber wirtschaftlich geht es nicht."

Für die FN ist Geld ein schwieriges Thema

Was einen Ersatz für den Ersatz angeht, ist der Bundestrainer skeptisch. Viel Hoffnung habe er nicht, sagte Becker. In der grünen Saison gibt es hierzulande mit Hamburg, Riesenbeck und Münster nur drei Turniere auf Fünf-Sterne-Niveau.

Bei einem Dressur-Nationenpreis wäre weniger Geld notwendig. Rund 150.000 Euro veranschlagt Ullrich Kasselmann, Turnierveranstalter und Pferdehändler in Hagen bei Osnabrück. "Man hat mich gefragt", berichtete Kasselmann. "Aber das kostet richtig Geld, ohne zusätzliche Sponsoren geht es nicht." Das gilt natürlich auch für andere Turniere wie in München oder Hamburg, die wegen ihrer Termine vor der WM passen würden.

Könnte der Verband selber als Finanzier einspringen? Wohl kaum, Geld ist für den Verband ein schwieriges Thema. Nachdem die FN in den Vorjahren wegen einer Finanzkrise in heftige Turbulenzen mit Entlassungen und Rücktritten geraten war, gab es im abgelaufenen Jahr immerhin ein Plus von etwa 140.000 Euro.

Doch die nächsten Negativschlagzeilen gab es wenige Monate nach Verkündung der schwarzen Zahlen, als im September der Hauptsponsor überraschend kündigte. Dabei geht es um 600.000 Euro pro Jahr, wie FN-Präsident Martin Richenhagen erklärte. Immerhin, der Nationenpreis in der dritten olympischen Disziplin wird - Stand jetzt - ausgetragen. Der Ländervergleich der Vielseitigkeitsreiter ist für Mai angesetzt - in Marbach.

Quelle: ntv.de, Michael Rossmann und Maximilian Wendl, dpa

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