Sorgenkind Batterie Alternativen Antrieben fehlt noch der Saft
09.10.2013, 18:31 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Skepsis wächst: Bis 2020 sollen eine Million E-Autos auf deutschen Straßen rollen. Doch das große Problem bleibt die Speicherung von Energie. Dennoch ist die weitere Forschung wichtig - als Wegbereiter für die Energiewende insgesamt.
In gut sieben Jahren sollen nach dem Willen der Bundesregierung auf den deutschen Straßen rund eine Million Elektroautos unterwegs sein. Seit der Verkündung des Ziels gelten die Pläne als ambitioniert. Und die Zweifel bleiben. Als eine der weiter größten Aufgaben gilt die Entwicklung leistungsstarker Batterien. Führende Experten auf diesem Gebiet rechnen daher damit, dass Autos mit alternativen Antrieben den Massenmarkt nur nach und nach erobern werden. "Nur die Summe vieler kleiner Schritte wird zur Lösung führen", sagte der Chef der Batteriesparte im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), Otmar Frey.

Es wird eher die Mischung aus neuen und konventionellen Antrieben sein.
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Vor diesem Hintergrund erscheint auch das Eine-Million-Ziel der Bundesregierung als gewagt. "Ich habe meine Zweifel, muss ich ganz ehrlich sagen, dass das zu erreichen ist", sagte Johann-Friedrich Dempwolff vom Batteriespezialisten Johnson Controls aus Hannover. Am wahrscheinlichsten sei es, dass Diesel und Benziner zunächst zusätzliche Batteriesysteme erhalten, die zunehmend auch den Antrieb unterstützen.
Hybride folgen Micro-Hybriden
Die Rückgewinnung von Bremsenergie, die später beim Schub hilft, sei dafür ein Beispiel. Diesen "Micro-Hybriden" dürften dann zunehmend echte Hybride folgen, in denen per Stecker aufladbare Batterien den klassischen Verbrennungsmotor zeitweise ersetzen. Rein batteriebetriebene E-Autos dürften dagegen lange eine Nische bleiben.
Insgesamt bleiben Batterien der vielleicht wichtigste Schlüssel der Energiewende. Denn neben der Elektromobilität fällt ihnen auch eine zentrale Bedeutung als Stromspeicher zum Ausgleich der Schwankungen der Erneuerbaren Energien zu - Wind und Sonne sind mitunter launig.
Doch "Made in Germany" hat dieses Feld stiefmütterlich behandelt. "Es hat lange gedauert, bis das Thema Elektrochemie in Deutschland wieder sexy war", sagt Frey, Chef der Batteriesparte im ZVEI. Die Verbraucherelektronik blüht in Fernost - mit dem Ergebnis, dass Asien bei Akkus für Handys und Laptops das Tempo vorgibt. "Da haben wir auch keine Chance, das noch aufzuholen."
Und trotzdem: Deutschland soll 2020 Leitanbieter und Leitmarkt für Elektromobilität sein, so lautet zumindest das politische Ziel. Der Schub der Energiewende soll helfen, fern der Handy- und Laptop-Akkus beim Energiespeichern Boden gutzumachen. Immerhin steht Deutschland bei der EU-weiten Batterieproduktion laut ZVEI für knapp ein Drittel des Jahresumsatzes.
VW baut Zellen für E-Autos selbst
Und die Anfänge sind gemacht. Europas größter Autobauer Volkswagen etwa kauft seine Zellen für die jungen E-Varianten des Up und Golf nicht in Asien wie etwa der US-Konkurrent Tesla. Vielmehr baut er sie selbst in Braunschweig und die E-Motoren in Kassel.
Der schwäbische Technologieriese Bosch führt das Forschungsprojekt Alpha-Laion an, bei dem auch die Chemiefirmen BASF und Wacker, der Leichtbauspezialist SGL und die Autobauer BMW und Daimler mit an Bord sind. Das vom Bund geförderte Millionenprojekt soll die aus Handys bekannten Lithium-Ionen-Zellen im großen Maßstab so leistungsfähig machen, dass sie die Reichweite heutiger E-Autos ungefähr verdoppeln - auf dann bis zu 300 Kilometer.
Doch das Deutschland nun zum Überholmanöver ansetzt bezweifeln Experten. "Wir gleisen das ökonomisch gesehen von der falschen Ecke her auf", sagt Andreas Gutsch, Chemie-Ingenieur am KIT, dem Karlsruher Institut für Technologie. Seinen Berechnungen zufolge setzen Autobauer am falschen Ende an. Denn batteriebetriebene Kleinwagen könnten nur einen Bruchteil der Spritkosten einsparen, die bei Bussen und Kleinlastern drin sind. "Die kommen einfach nicht ins Geld", bilanziert Gutsch.
Rückenwind für Speichertechnik
Mit Blick auf die Kosten deutscher E-Autos wundert das kaum. Ob Daimlers E-Smart, BMW i3 oder E-Up von VW - alle kosten teils mehr als das Doppelte der Verbrennervariante. Die neue Technik ist halt noch viel zu teuer. Klein dagegen sind Reichweite und Ladeoptionen.
Langfristig gedacht sei es aber richtig, dass Deutschland Kompetenz bei der Speichertechnik aufbaue, sagte Gutsch. Stationäre Energiespeicher - etwa im Keller für die Solaranlage auf dem Dach - rechneten sich anders als wenig ausgelastete Kleinwagen sehr schnell und machten unabhängig. Bei steigenden Preisen für Haushaltsenergie sei das ein bedeutendes Zukunftsthema. Die politisch forcierten Anfänge bei E-Autos könnten dann eine Technik beflügeln, die im ganz großen Maßstab Wind- und Sonnenenergie intelligent speichern hilft.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa