Covid-19 gefährdet Finanzsystem Banken erleben den "perfekten Sturm"
10.03.2020, 20:37 Uhr
Die Banken standen im Zentrum der letzten globalen Wirtschaftskrise. Seitdem haben sie viel für die Risikovorsorge getan. Eine Rezession infolge der Corona-Krise könnte die Fortschritte wieder zunichtemachen, wenn die Politik nicht schnell eingreift.
Corona-Alarm in der Handelsabteilung: Weil einer der Mitarbeiter infiziert ist, hat die Deutsche Bank die Büros der Abteilung im Frankfurter Bankenviertel geschlossen. Ein Teil der Beschäftigten arbeitet nun in einem Ausweichbüro in der Nähe von Frankfurt, andere bleiben in dem desinfizierten Gebäude oder arbeiten zu Hause am Laptop. Auch andere Banken schließen Büros und verteilen ihre Mitarbeiter auf unterschiedliche Standorte. Doch die Ausbreitung des Coronavirus in den eigenen Häusern ist derzeit keineswegs die größte Gefahr für die Institute. Dafür haben die Banken Notfallpläne, die zum Teil schon aktiviert sind. Die indirekten Folgen der Krise könnten dagegen die Stabilität des Finanzsystems erschüttern wie zuletzt zu Zeiten der Finanzkrise von 2008.
Zwar sind sowohl die Banken mit größeren Kapitalpuffern ausgestattet, die Regeln für die Finanzbranche strenger und Aufsichtsbehörden besser aufgestellt als vor der letzten großen Krise. Trotzdem gibt es gleich mehrere Gründe zur Sorge. Zum einen ist das der riesige Kreditberg. Statt wie zu Zeiten des Subprime-Hypothekenbooms in den USA Anfang des Jahrtausends an private Hausbesitzer, haben die Banken in den vergangenen Jahren immer größere Summen zu teils laxen Standards an Unternehmen verliehen. Laut der Industrieländerorganisation OECD hat sich allein die Summe der Unternehmensanleihen außerhalb der Finanzbranche seit 2008 verdoppelt.
Solange die Konjunktur gut lief, war diese Schuldenlast kein großes Problem. Laut einer Untersuchung des Internationalen Währungsfonds würde eine Rezession der Weltwirtschaft, auch wenn sie nur halb so schwer ausfiele wie die von 2008, dazu führen, dass Unternehmen mit Schulden im Wert von 19 Billionen US-Dollar in Zahlungsschwierigkeiten geraten würden. Mit einer solchen globalen Rezession rechnen nun infolge der sich ausbreitenden Corona-Epidemie immer mehr Experten.
Ölpreissturz könnte Pleitewelle auslösen
Eine erste Pleitewelle und die damit verbundenen Kreditausfälle könnten die Banken nun durch die Krise der Ölwirtschaft treffen. Der jüngste Preissturz trifft unter anderem US-Firmen hart, die ihre Förderung in den vergangenen Jahren massiv hochgeschraubt haben, finanziert zum Großteil mit Schulden bei den amerikanischen Banken. Daher brachen zu Wochenbeginn mit dem Ölpreis nicht nur die Aktienkurse vieler Ölkonzerne um bis zu 40 Prozent ein, sondern auch die mancher Banken, die besonders im Öl- und Gassektor engagiert sind. Auch die französischen Banken Natixis und Crédit Agricole haben Analysten zufolge hohe Kredite an die Ölbranche vergeben. Zu den größten Sorgenkindern gehören die italienischen Banken, die von der Lähmung des gesamten Landes direkt betroffen sind.
Heikel ist die Situation insbesondere der deutschen Banken, da sie aufgrund der niedrigen Zinsen ohnehin kaum Gewinne machen, die ihnen helfen würden, höhere Kosten aufgrund steigender Kosten für die Risikovorsorge zu decken. Wegen der sich anbahnenden Rezession dürften die Leitzinsen allerdings noch länger niedrig bleibe oder in einigen Ländern sogar noch sinken. Auch Einnahmen der Investmentbanken aus Börsengängen, Übernahmen und Anleiheemissionen dürften in der Krise sinken. "Wir haben einen perfekten Sturm", zitiert die "Financial Times" Mark Grant, den Chefstrategen der US-Bank B. Riley.
Noch gibt es allerdings Zeit und Möglichkeiten eine Finanzkrise abzuwenden. "Dazu müssen wir jetzt handeln", sagt Jan-Pieter Krahnen, Professor am Leibniz Institut für Finanzforschung im Interview mit ntv. Die aktuell "außergewöhnlich gute" Liquidität des Bankensektors biete für einige Zeit einen guten Puffer. Nun müsse die Politik dafür sorgen, dass die Auswirkungen einer Krise auf die Unternehmen mit staatlichen Krediten oder Subventionen aufgefangen würden, um eine "Ansteckung der Banken" zu verhindern.
Quelle: ntv.de