Krupp-Stiftung will kein Geld von RAG-Stiftung ThyssenKrupps Bollwerk bröckelt
21.02.2014, 12:05 Uhr
Die RAG-Stiftung beerdigt das Thema Finanzspritze für die einst mächtige Krupp-Stiftung. Die Stiftung gilt als Bollwerk gegen eine feindliche Übernahme von ThyssenKrupp.
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Die finanzkräftige RAG-Stiftung will der klammen Krupp-Stiftung Geld zuschießen, um ihr Kapital bei ThyssenKrupp wieder aufzustocken. Das Angebot wird abgelehnt. Der Konzern muss ohne seinen einst mächtigen Aktionär auskommen - was eine offene Flanke bedeutet.
Die Essener RAG-Stiftung hat ihre Überlegungen zu einem Engagement für den Stahl- und Technologiekonzern ThyssenKrupp offenbar endgültig aufgegeben. "Das Thema ist beerdigt", sagte der Vorstandschef der Stiftung, Werner Müller, vor Mitgliedern der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Nordrhein-Westfalen. Die RAG-Stiftung war in den vergangenen Monaten mehrfach als möglicher weiterer Großaktionär von ThyssenKrupp gehandelt worden. Müller selbst hatte im vergangenen Jahr nicht ausgeschlossen, dass seine Organisation der Krupp-Stiftung hilft, deren schwindenden Einfluss auf den Ruhrkonzern zu sichern.
Ein direkter Einstieg der RAG-Stiftung bei ThyssenKrupp sei dabei allerdings nicht infrage gekommen, sagte Müller. Eine solche "große Investition auf einen Schlag" sei für die Stiftung, die Klumpenrisiken vermeiden müsse, "problematisch". Müller hatte sich nach eigener Darstellung aber eine finanzielle Unterstützung der Krupp-Stiftung vorstellen können. Die Organisation, die er "sehr schätze", habe aber signalisiert, dies nicht zu wollen. "Das Thema ist insofern gegessen", sagte der Chef der RAG-Stiftung.
Die Krupp-Stiftung hatte im vergangenen Dezember durch eine Kapitalerhöhung ihre Sperrminorität bei ThyssenKrupp verloren. Die Organisation, die nach dem Willen ihres Gründers Alfried Krupp von Bohlen und Halbach die Einheit des Konzerns sichern soll, hält seither rund 23 Prozent der ThyssenKrupp-Aktien. Theoretisch lassen sich bei ThyssenKrupp derzeit also Entscheidungen mit Dreiviertelmehrheit beschließen, ohne dass die Krupp-Stiftung ihnen zustimmt. Die Stiftung gilt zugleich als relativ finanzschwach, so dass sie die Sperrminorität offenkundig nicht aus eigenen Mitteln wieder herstellen kann.
RAG will Klumpenrisiko abbauen

Werner Müller, RAG-Stiftungschef, will mehr als 40 Prozent seiner Evonik-Anteile auf den Markt werfen.l
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Die RAG-Stiftung verfügt dagegen über ein Milliardenvermögen, das derzeit allerdings vor allem in Aktien des Chemiekonzerns Evonik angelegt ist: Die Stiftung hält rund 68 Prozent an dem Unternehmen. Auch dieses Klumpenrisiko will die Organisation abbauen, wie Müller nun bekräftigte. Als langfristiges Ziel hatte die RAG-Stiftung zuvor schon eine Beteiligung von lediglich mindestens 25,1 Prozent an Evonik ausgegeben. Ende des vergangenen Jahres habe das Kuratorium der Stiftung beschlossen, mit frei werdendem Geld vor allem in mittelständische Unternehmen zu investieren, sagte Müller nun abermals. Im Fokus stünden "am Weltmarkt orientierte Unternehmen", deren Geschäft allerdings möglichst nicht mit der Chemieindustrie in Verbindung stehen solle.
Müller berichtete von Gesprächen mit entsprechenden Mittelständlern. Es gebe in mehreren Unternehmen Interesse an einem Einstieg der RAG-Stiftung, sagte er. Immerhin habe die Organisation ein Alleinstellungsmerkmal: "Wir sind das genaue Gegenteil einer Heuschrecke." Die RAG-Stiftung soll die sogenannten Ewigkeitskosten des vom RAG-Konzern betriebenen Bergbaus tragen. Die Stiftung muss dazu nach Darstellung von Müller jährlich rund 220 Millionen Euro erwirtschaften. Mit dem Geld betreibt sie vor allem Pumpen, um im Ruhrgebiet den Grundwasserspiegel zu senken. Ohne die Stiftung gäbe es nach Darstellung von Müller in Nordrhein-Westfalen eine "immense Seenlandschaft".
Müllers Kritik an Energiepolitik
Müller, der in den Jahren von 1998 bis 2002 parteiloser Wirtschaftsminister im Kabinett von SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder war, übte zudem Kritik an der deutschen Energiepolitik. Die Förderung Erneuerbarer Energien und der Wettbewerb auf dem Strommarkt passten nicht zusammen, sagte er. Das zeige sich etwa dadurch, dass niedrige Großhandelsstrompreise durch die Erneuerbare-Energien-Umlage zu höheren Verbraucherpreisen führten. Durch den Wettbewerb auf dem Strommarkt sei zudem die Verantwortung für die Versorgungssicherheit nicht klar zugewiesen.
Zwar lasse sich "Geschichte nicht zurückdrehen", sagte Müller. Er forderte aber Änderungen an der Förderung Erneuerbarer Energien. Die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dazu vorgelegten Vorschläge beschrieb er als "relativ guten Entwurf". Müller warnte zugleich davor, die Entlastungen für die energieintensive Industrie zu beschneiden. Die deutschen Großstromverbraucher müssten vor zu hohen Kosten geschützt werden, "ob das der EU passt oder nicht". Der frühere Wirtschaftsminister mahnte darüber hinaus, die Energiekonzerne nicht zu sehr zu belasten. Sie dürften "nicht kaputtgehen". Immerhin verfügten die Unternehmen über Rückstellungen in Milliardenhöhe für die Abwicklung der Kernenergie.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ