Börsen-Profi im Interview Was sollen Anleger jetzt machen?
05.08.2024, 16:11 Uhr Artikel anhören
Japans Aktienmarkt muss den schlimmsten Tag seit 35 Jahren verkraften.
(Foto: REUTERS)
Die Aktienmärkte erleben einen unerfreulichen Tag. Weltweit geht es kräftig abwärts, sogar Gold verliert an Wert. Besonders hart werden Tech-Titel getroffen. Ist das Schlimmste überstanden? Zumindest kurzfristig sollte eine heftige Gegenbewegung anstehen, sagt Daniel Saurenz vom Börsenportal "Feingold Research" im Interview mit ntv.de.
ntv.de: Das sieht an den Aktienmärkten überhaupt nicht gut aus. Was ist da los?
Daniel Saurenz: Die bis Juli noch unverwundbare Börse wird gleichzeitig an mehreren Stellen getroffen. Die Investoren kippen unmittelbar von der KI-Börsenparty in Rezessionsängste. Dies muss am Markt verarbeitet werden und geht einher mit dem Stopp des "Carry Trade", sprich der Verschuldung in japanischen Yen und gleichzeitigem Tanz auf dem Vulkan sehr hoher US-Aktienkurse.
ntv.de: Beim"Carry Trade" leihen sich Investoren in Japan billig Geld und legen es im Ausland an, um höhere Renditen zu erzielen. Der starke Yen macht diese Deals kaputt, Investoren lösen ihre Positionen nun auf. Derweil kommen Tech-Titel weltweit unter die Räder. Ist das erst der Anfang - oder ist das schlimmste überstanden?
Wir erleben gerade ein schwarzes langes Wochenende, das eigentlich am Donnerstag begann und sich in den Montag zieht. Unterscheiden muss man jetzt die kurze und lange Sicht. Kurzfristig sollte angesichts der Stimmungsdaten eine heftige Gegenbewegung anstehen, die DAX, Nasdaq und Nikkei durchaus fünf Prozent nach oben treiben kann. Mittelfristig ist die Korrektur bei Titeln wie Apple, Meta, Alphabet und selbst Nvidia noch überschaubarer. Da könnte noch mehr kommen, falls Zinsängste und Rezessionspanik bleiben.
Was sollen Anleger jetzt machen - sich vor weiteren Verlusten schützen und verkaufen, oder nach dem Motto handeln: Augen zu und durch?
Wer hoffentlich Absicherungen in seinem Portfolio hatte, kann jetzt durchaus die Gewinne in diesen Absicherungen kassieren. Wir raten in unserem Börsendienst zu einem Dreistufenplan. Zunächst baut man die Sicherungen ab und wechselt in Cash, um dann im dritten Schritt langsam Aktienbestände aufzubauen. Allerdings bitte in Etappen und so, dass man stets handlungsfähig bleibt. Denn kein Experte und kein privater Anleger wird das exakte Tief der Kurse treffen, es wäre pures Glück.
Viele Anleger haben in ETF-Sparpläne investiert ...
Sparpläne sollte man jetzt auf keinen Fall aussetzen, da wäre vor Wochen - wenn überhaupt - eine Gelegenheit gewesen. Beispielsweise der Nikkei hat von seinem Rekordlevel aber 27 Prozent verloren. Wer also japanische Titel schon immer haben wollte, hat jetzt sogar die Chance, einen Sparplan zu beginnen. Ähnlich ist es für Anleger, denen die Nasdaq oberhalb von 20.000 Zählern zu teuer war.
Was können Anleger aus dem Crash lernen?
Jeder Crash ist eine Schule für Neulinge am Aktienmarkt, und das im Schnellwaschgang. Mittelfristig kann man es als Einstiegschance sehen, und gegenwärtig zeigt es vor allem, dass ein Portfolio Sicherungsmechanismen enthalten sollte, die in schönen Börsenzeiten langweilig und mitunter überflüssig erscheinen. Wer jetzt aber Put-Optionsscheine als Absicherung hat oder sein Depot über die Cash-Quote steuert, kommt recht gut durch die Tage.
Wer bisher nicht an der Börsen unterwegs war, kann der jetzt einsteigen oder soll man besser noch die Finger von Aktien lassen?
Anleger, die überhaupt noch nicht dabei waren und die den Weg zur Börse finden wollen, können jetzt erste Schritte wagen. Denn eine Gewissheit gibt es - sie kaufen nicht zu den teuersten Rekordkursen, und eine Menge heiße Luft ist entwichen. Ganz nebenbei gilt dies übrigens auch bei Bitcoin und Ethereum im Kryptosektor.
Mit Daniel Saurenz sprach Jan Gänger
Quelle: ntv.de